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Zu 50 Prozent Psychologe, zu 50 Prozent Orthopäde

Im Personalausweis steht als Geburtsort Bremerhaven, aufgewachsen ist er in Sellstedt und seine Familie wohnt in Dithmarschen bei Büsum, gleich hinterm Deich, dort wo seine Ehefrau aufgewachsen ist. Die Rede ist von Tim Indorf, geschäftsführender Gesellschafter von Indorf Orthopädie-Schuhtechnik GmbH & Co. KG. Der unternehmerische Mittelpunkt seines Lebens – Indorf (39) arbeitet in 3. Generation verantwortlich für 14 Mitarbeitende – ist weiter die Seestadt. Das Leben und Arbeiten hier ist für ihn quasi Berufung, auch wenn der berufliche Weg zunächst anderes vorsah.

16.04.2025
Autor: BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven

Orthopädietechniker und Orthopädieschuhmacher Tim Indorf hat gleich zwei Lehren absolviert. Und kann sich mittlerweile nichts Besseres vorstellen. Zugegeben klinge die Berufsbezeichnung zunächst wenig sexy, schmunzelt Indorf, doch die Mischung machts, sagt der Jungunternehmer mit reichlich Erfahrung. Da sei zunächst der Umgang mit vielen unterschiedlichen Menschen, der schlicht Spaß bringe. Etwa 85 Prozent kommen laut Indorf aus Bremerhaven und dem nahen Umland, auch eine Kundin aus den USA mit familiären Wurzeln zur „Sail-City“ ist – mit langen Abständen, aber regelmäßig – Gast bei den Schuhspezialisten in Bremerhavens City.

Der Standort zur Firmenerweiterung mit eigener Produktion wurde nach Aussage Indorfs gemeinsam mit Vater Rolf sehr bewusst ausgesucht. „Wir wollten gerne zentral in Bremerhavens Mitte bleiben, auch unserer Laufkundschaft zuliebe. Manche von Ihnen kämen mit Rollator“, erzählt Indorf. Was auf den ersten Blick logisch erschien, war in der Umsetzung komplexer, erinnert sich Tim Indorf, zumal das Grundstück aufgrund von Altlasten kontaminiert war. Am Ende habe auch dank der sehr guten Zusammenarbeit mit der BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven alles super funktioniert, so Indorf weiter. 

Auf gut 1.700 qm Grundstücksfläche wurden für rund eine Mio. Euro schließlich „Nägel mit Köpfen gemacht“. Das war für mich als Jungunternehmer damals eine gigantische Summe, erinnert sich Tim Indorf an die Anfänge der Neubauplanung im Jahr 2018. Zumal dann auch einige Investitionen in modernste Technik bspw. zur Fertigung zusätzlich anstanden. Indorf: „Die BIS hat uns tatkräftig und zielgerichtet unterstützt. Mit einem Zuschuss, zinsvergünstigten Krediten und der Aufbereitung des Grundstückes wurde der Weg letztlich geebnet.“

Gut fünf Jahre später und mit jetzt 14 statt zuvor 5 Mitarbeiter*innen ist Indorf zufrieden mit der damaligen Entscheidung. „Wir könnten sogar noch ein, zwei Räume mehr vertragen“, das sei aber klagen auf hohem Niveau, sagt der bekennende  Bremerhaven-Fan – auch wenn das wie er sagt wie eine Plattitüde klinge.

Gute Nachfolgeregelung

Sein Vater Rolf (65) habe ihn als Aushilfe in den 1937 gegründeten Familienbetrieb geholt, wo er sprichwörtlich Blut leckte und das facettenreiche Arbeitsleben und das Team Indorf kennen und schätzen lernte, erzählt Tim. Dabei sah sein Berufs- und Lebensweg erstmal nicht danach aus, dass er die Familientradition fortsetzen würde. Zwar absolvierte der junge Indorf zunächst die Ausbildungen zum Orthopädie-Techniker und Orthopädie-Schuhmacher, studierte dann aber zunächst nach dem Fachabitur maritime Technologien an der Hochschule Bremerhaven, mit dem Ziel Bachelor of Science. Daraus wurde glücklicherweise nichts – und nach „sieben Jahren Knecht“ sowie Minijobs während der Studien- und Probierphase zuvor – entdeckte Indorf eben doch seine Liebe zum Unternehmertum und zur Schuhorthopädiebranche.

Auf Lehre und Praxis folgte der kontinuierliche Ausbau von Verantwortung im elterlichen Betrieb. Der Austausch mit Vater Rolf sei bis heute von Offenheit und Wohlwollen geprägt. Während sein Vater schrittweise in die „2.Reihe“ trat, brachte Sohn Tim Stück für Stück neue Ideen und Techniken in den Arbeitsalltag. Sein Vater Rolf habe nach einem langen Berufsleben die unternehmerische Verantwortung problemlos weiterreichen können. Der Senior ist weiter hinter den Kulissen tatkräftig dabei und könne so lange weitermachen wie er wolle, freut sich Indorf Junior über Rat und Tat. 

Etwa 6.000 orthopädische Fußeinlagen werden von Indorf & Team pro Jahr individuell gefertigt. Hinzu kommen etwa 250 Paar Maßschuhe. Statt Gipsdruck, in Einzelfällen für die orthopädischen Prothesen durchaus noch ein Thema, spielten der 3D-Druck, moderne Messmethoden und Analysen der Körperhaltung und -bewegung eine bedeutendere Rolle. Indorf zählt mit dem Einsatz modernster Technik zu den Pionieren der Branche. Die Schuheinlagen werden passgerecht für alle Füße computergefräst hergestellt.

Er fühle sich manchmal wie ein Psychologe und Detektiv, sagt Indorf. Die Kunden:innen – von Oma Lieschen bis zu Profisportler:innen – haben ihre individuelle Geschichte. Es gehe darum, fast detektivisch aufzuspüren, warum es zum Beispiel zur Muskelverspannung gekommen ist, um damit ein Schema zu erkennen und bestmöglich zu behandeln. Dazu braucht es nach Meinung Indorfs zugleich Vertrauen und eben auch ein wenig Psychologie, damit sich die jeweilige Person ihm gegenüber öffnet. Jeder habe da seine eigene persönliche „Leidensgeschichte“. Am Ende soll schließlich laut Indorf das bestmögliche Match zwischen Kunde und Schuhwerk entstehen. 

Tim Indorf trennt den eigenen Familien- und Arbeitsalltag. In der Woche sei er meist mehr als 12 Stunden pro Tag mit Haut und Haaren im Betrieb beschäftigt. Das Wochenende gehöre dann weitestgehend seiner Frau, die als Ingenieurin bei Siemens im Bereich der Blattrotorwartung für Windenergieanlagen tätig ist. Kennen- und lieben gelernt haben sie sich im Übrigen an der Hochschule am Meer in der Seestadt. 

Einmal im Jahr sei er auf Einladung der Hochschule und des Fachbereichs Medizintechnik als Referent wieder dabei, um dort über moderne Messmethoden bei der Fußvermessung oder andere Fachthemen zu informieren. 

Tim Indorf: „Wir arbeiten partnerschaftlich mit Ärzten, Seniorenheimen, Pflegediensten, Kostenträgern und Herstellern von Medizinprodukten zusammen. Fußorthopädie (auch für voll- oder teilamputierte) sowie das betriebliche Gesundheitsmanagement sind wesentliche Aufgaben.“

Großkunden wie FrozenFish, Lloyd-Werft oder Eurogate setzen mittlerweile im Sinne der Mitarbeitergesundheit schon seit längerem auf Indorf und seine Mannschaft. Der Hafenlogistiker Eurogate bestellt über den Großhandel nach grober Schätzung wohl etwa 10.000 Paar neue Arbeitsschuhe im Jahr, Indorf kommt zuvor im Tagesseminar oder auch für ein Seminar-Wochenende hinzu, und bietet individuelle Hilfestellung an. „Jeder Fuß ist anders, falsche Einlagen können bspw. Kieferschmerzen verursachen“, so Indorf.

Über das gelegentlich auf Fachmessen transportierte Image Bremerhavens kann Indorf lachen. „Was, wo arbeitest Du, am Standort Hartz aber herzlich“, bekomme er schon mal als Klischee an den Kopf geworfen. Diejenigen lade er dann gerne auf ein persönliches Kennenlernen an die Weser ein, um die andere Seite der (Stadt-)Medaille zu zeigen: „Ich mag die Nordsee nur 200 Meter von der Firmentür entfernt, die Offenheit der Menschen und vor allem das maritime Flair.“ „Und, nicht zu vergessen, die Mittagspause am Deich“, so Indorf.  Mit der Jahreskarte fürs Klimahaus ist er außerdem mit Frau und Sohn Thees Dauergast am Alten Hafen.

Tim Indorf ist nicht bange um seine unternehmerische Zukunft; durch den demografischen Wandel müssten wir bis ins hohe Alter arbeiten. Daher sei es wichtiger denn je, bei Fußdeformitäten, ungünstiger Körperstatik und Fehlstellungen möglichst schnell zu handeln.

Bildmaterial

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