24.05.2022
Autor: Wolfgang Heumer
Der Rundgang durch den Zoo am Meer Bremerhaven ist eine Entdeckungsreise. Sanft windet der Hauptweg durch die wie eine Klippenlandschaft gestaltete Anlage. Hinter jeder Kurve überrascht ein neues Gehege die Besucherinnen und Besucher. Hier sonnen sich Polarfüchse und Schneehasen in der Graslandschaft. Dort schwimmen Südamerikanische Seelöwen und nordeuropäische Seehunde elegant durchs Wasser. Kaiserschnurrbarttamarine turnen durch ihre grüne Kletterwelt, während die Schimpansen mit den Zoobesucherinnen und -besuchern kommunizieren.
Dr. Heike Kück bewegt sich mit schnellen Schritten durch diese Kulisse. Unvermittelt bleibt sie stehen: „Ist das nicht ein wunderbarer Anblick?“, sagt sie. Sie meint damit nicht nur Eisbärin Valeska und deren zweieinhalbjährige Zwillingstöchter Anna und Elsa im Gehege vor ihr. Hinter der Bärenanlage erstreckt sich die Wesermündung bis zum Horizont. In ihrer Stimme schwingt Begeisterung mit – nicht nur für diesen kleinen, aber einzigartigen Zoo, sondern auch dafür, dass sie hier seit über 21 Jahren als Direktorin die Verantwortung tragen darf. Sie gehört damit zu den dienstältesten Leiterinnen von zoologischen Gärten in Deutschland. „Herrlich“ sei es in der Stadt, sagt die gebürtige Westfälin über ihre Wahlheimat. Als ihre Hündin noch jünger war, schätzte sie ausgiebige Spaziergänge mit ihr. Die Lage am Wasser – die ja auch den Zoo prägt – und die Nähe zur Natur gleich hinter der Stadtgrenze gehören für sie zu den großen Pluspunkten der Seestadt.
Seit dem ersten Spatenstich für den Zoo am Meer verantwortlich
Als Heike Kück 2001 von Bochum kommend die Stelle der Zoodirektorin in Bremerhaven antrat, war die heutige Anlage teilweise noch in Planung. Die 1928 eröffneten Tiergrotten waren bereits um die Hälfte reduziert worden, um Platz für Neues zu schaffen. „Ich bin hier mit dem ersten Spatenstich angefangen“, erinnert sich Heike Kück. Wie es bei solchen Projekten normal ist, mussten sich das bereits seit Jahren tätige Planungsteam und „die Neue“ erst einmal zusammenruckeln. „Das ist uns aber ganz gut gelungen“, sagt die 62-Jährige rückblickend und weiß auch ein Beispiel: Für die Wasseranlagen der großen Robben-, Eisbären- und Pinguinbecken setzte sie nach eingehender Diskussion ein anderes, viel aufwändigeres Verfahren durch. Das Salzwasser wird mit einer modernen Filteranlage bearbeitet. „Letztlich waren alle trotz der Mehrkosten damit sehr zufrieden. Die Tiere in dem jetzt ganzjährig glasklaren Wasser zu beobachten, ist einfach ein tolles Besuchererlebnis.“
Weichenstellung durch unbezahltes Praktikum im Bochumer Zoo
Ihre Kenntnisse um Wasser und Wasseraufbereitung hat Heike Kück über viele Jahre erworben; Aquarien und die erforderliche Technik begleiten sie seit ihrer Kindheit. „Ich war schon als Achtjährige begeisterte Aquarianerin“, erinnert sie sich. Das Interesse an der Natur sei ihr wohl in die Wiege gelegt worden „Mein Vater hat das stark gefördert.“ Biologie zu studieren, war da die logische Konsequenz nach dem Abitur. Nach den ersten Schritten ins Berufsleben musste sie feststellen, dass sie mit Molekularbiologie einen falschen Schwerpunkt in der Ausbildung gesetzt hatte. „Die Arbeit im Labor ist einfach nicht meins.“ Aber ergänzend hatte sie auch Zoologie studiert. Um sich beruflich neu zu orientieren, absolvierte sie ein Jahrespraktikum als Tierpflegerin im Tierpark und Fossilium Bochum, bekam eine Vollzeitstelle als wissenschaftliche Assistentin und damit ihren ersten Traumjob im Aquariumsbereich des Ruhrgebiets-Zoos.
Medical Training zum Wohl der Tiere begeistert das Publikum
Schon damals ging sie keiner Aufgabe aus dem Weg, genauso wie heute: „Wenn es notwendig ist, pflanze ich hier auch die Primeln ein“, sagt sie mit einem Lachen. Vor allem aber weiß sie aus eigenem Erleben um die täglichen Herausforderungen für ihr Tierpfleger-Team: „Da muss ich nicht lange nachfragen, das sehe ich einfach.“ Die Arbeit läuft deswegen Hand in Hand.
Heike Kück betritt während des Rundgangs das Seelöwen-Gehege. Die zuständige Pflegerin hat Futter für die Tiere vorbereitet, Heringe fliegen den Löwen zu. Artig bedanken sich die Tiere mit einem „Küsschen“ bei der Zoodirektorin. Die Besucherinnen und Besucher, die das Spektakel beobachten, applaudieren. Heike Kück freut sich, aber sie sagt auch: „Dass unser Tiere scheinbare Kunststücke können, ist sicherlich toll fürs Publikum. Aber für uns ist das ein sogenanntes Medical Training. Wir bringen den Tieren bestimmte Dinge bei, damit zum Beispiel tierärztliche Untersuchungen unter Mithilfe der Tiere durchgeführt werden können. So kann manche Narkose umgangen werden.“ Unnötiger Stress für die Tiere werde vermieden.
Neues Aquarium zeigt die Vielfalt des Lebens in der Nordsee
Auf ein eigenes Aquarium musste die begeisterte Aquarianerin Heike Kück im Zoo am Meer zunächst verzichten. Doch 2013, genau hundert Jahre nach der Eröffnung des ersten Nordsee-Aquariums als Keimzelle der Tiergrotten, war es soweit: Der Zoo bekam wieder ein Großaquarium, das dem Lebensraum in der Nordsee gewidmet ist. „Wir zeigen, dass die Unterwasserwelt auch ohne viele bunte Tropenfische bunt und vielfältig ist.“ Ein Aspekt ist ihr dabei besonders wichtig: „Unser Thema sind auch die menschengemachten Veränderungen wie Klimawandel, Artensterben und Einfluss der Offshore-Windanlagen oder die Problematik Plastikmüll.“
„Wir Menschen sind ein Teil des Systems Erde“
Die zunehmenden Veränderungen auf der Erde ziehen sich thematisch durch den ganzen Zoo. „Sicherlich sind wir eine touristische Attraktion, aber wir haben auch einen Bildungsauftrag“, betont Heike Kück – und es ist sofort zu spüren, wie ernst ihr dies ist. „Schon als Kind hat mich die Vielfalt des Lebens und der Arten auf der Erde fasziniert“, erinnert sie sich. Im Studium wurden ihr dann zusätzlich die Dimension der Artenvielfalt und die Zusammenhänge im Detail bewusst: „Alle Arten sind auf irgendeine Weise miteinander verbunden und voneinander abhängig“, sagt sie und ergänzt nach einer kurzen Pause: „Wir Menschen stehen nicht über diesem System. Wir sind ein Teil davon, vergessen das aber nur zu leicht.“
Das zunehmende Artensterben bereitet ihr Sorgen, das ist nicht zu übersehen. Ihren Garten in Bremerhaven hat sie deshalb gerade insekten- und bienenfreundlich umgestaltet. Mit den Mitteln des Zoos versucht sie, Menschen wach zu rütteln: Zu nennen sind dabei die Zooschule, die Informationen an den einzelnen Gehegen sowie Veranstaltungen und Posts auf allen Social-Media-Kanälen, die der Zoo erfolgreich für sich nutzt. Die Vielfalt der Aktivitäten ist eine gute Gelegenheit für Kück, um auf etwas für sie sehr Wichtiges hinzuweisen: „Dieser Zoo ist nicht wegen seiner Direktorin so beliebt und erfolgreich, sondern weil hier ein starkes und engagiertes Team arbeitet.“
Zoo am Meer züchtet erfolgreich Eisbären-Nachwuchs
Für den Artenschutz hat dieses Team bereits Großes geleistet: Drei Mal gelang es dem Zoo, mit Eisbärin Valeska Nachwuchs zu züchten. Das fand ein großes Medienecho, doch die Nachzuchtprogramme laufen auch, wenn die Kameras nicht da sind. „Wir züchten fast alle gezeigten Tierarten nach, jetzt auch immer mehr im Nordsee-Aquarium.“ Als Beispiele nennt sie Seestichlinge, Seenadeln und Seehasen. Abgesehen von der fachlichen Anerkennung, die ihr Team dafür in der Zoowelt findet, hat das auch einen persönlichen Aspekt für die Zoodirektorin: „Ich nehme die Herausforderung an, Tiere zur Nachzucht zu bringen, um einen kleinen Teil zum Arterhalt beizutragen.“
Pressekontakt:
Nicole Tönjes, Prokuristin Zoo am Meer, Tel.: +49 471 30 841 43, E-Mail: toenjes@zoo-am-meer-bremerhaven.de
Bildmaterial:
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Foto 1: Zoodirektorin Heike Kück war schon als Achtjährige begeisterte Aquarianerin. © WFB/Jörg Sarbach
© WFB/Jörg Sarbach
Foto 2: Auch Kaiserschnurrbarttamarine leben im Zoo am Meer. © WFB/Jörg Sarbach
Foto 3: Humboldtpinguine schwimmen durch das Becken. WFB/Jörg Sarbach
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