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Schlaues Tool hilft Rathäusern und Ratsuchenden - Bremerhavener Start-up treibt Digitalisierung in Behörden mit KI voran

Die Arbeit von Behörden wird immer komplexer; parallel wächst der Informationsbedarf in der Bevölkerung. Doch auch Verwaltungen mangelt es an Fachkräften. Zwei Studierende der Hochschule Bremerhaven treten diesem Dilemma mithilfe von KI entgegen. Die von ihnen entwickelten Tools können ohne menschliches Zutun komplexe Anfragen beantworten.

29.11.2024
Autor: Wolfgang Heumer

„Unseren Kunden mangelt es an Intelligenz.“ Kaum hat Pascal Nobereit (22) das ausgesprochen, muss er über das mögliche Missverständnis lachen und stellt klar: „Natürlich sind sie nicht dumm.“ Er meint nicht die menschliche Intelligenz, sondern die künstliche. Die Kundinnen und Kunden des Jung-Unternehmers aus Bremerhaven sitzen in kommunalen Verwaltungen und leiden unter demselben Problem wie die meisten Wirtschaftszweige: „Auch in den Rathäusern herrscht Fachkräftemangel“, ergänzt Nobereits Geschäftspartner Dustin Klepper (22). Weil die Aufgaben und die Arbeit von Behörden immer komplexer werden, wächst der Informations- und Erklärungsbedarf in der Bevölkerung. „Künstliche Intelligenz kann dieses Dilemma lösen“, sind die beiden überzeugt.

Sie haben daher KI-Tools entwickelt, die selbst schwierige Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantworten können. Eigentlich lernen die beiden noch an der Hochschule Bremerhaven im Studiengang „Gründung, Innovation, Führung“ das Werkzeug des Unternehmertums – tatsächlich haben sie aber mit der neuraflow GmbH schon längst ihre eigene Firma gegründet. Damit sind Dustin Klepper und Pascal Nobereit so erfolgreich, dass sie sich derzeit mehr auf ihr Unternehmen konzentrieren als auf ihr Studium und bereits sechs Beschäftigte haben.

KI zur Entlastung von Behörden nutzen

Der gebürtige Bremerhavener Pascal Nobereit ist technikbegeistert und computeraffin: „Software zu entwickeln, habe ich mir autodidaktisch beigebracht.“ Während das Stichwort Künstliche Intelligenz bei manchen eine gewisse Skepsis auslöst, steht er so wie Dustin Klepper neuen technischen Entwicklungen vorbehaltlos neugierig gegenüber. „Was kann man damit machen, außer Texte zu schreiben?“, fragte er sich, als die KI-gesteuerte Text- und Sprachsoftware ChatGPT auf den Markt kam. Im kurz zuvor aufgenommenen Studium traf Nobereit mit Dustin Klepper auf einen Kommilitonen, der sich mit ähnlichen Überlegungen befasste. Klepper hat eine ähnliche Affinität zu digitalen Herausforderungen und befasst sich zudem mit kaufmännischen und strategischen Überlegungen. Für das Studium kam er extra von Soest nach Bremerhaven. Der Techniker und der Stratege – das passte zusammen. Dann kam die Idee dazu, KI zur Entlastung von Behörden zu nutzen.

Im Kern handelt es bei der von ihnen entwickelten Software um einen Chatbot. Vereinfacht gesagt ist ein solches System in der Lage, eine Frage zu verstehen, die gewünschten Antworten aus einem Wust von Informationen herauszufiltern und sie dann auch noch verständlich zu formulieren. „Stadtverwaltungen müssen Interesse an einem solchen System haben“, war Dustin Klepper von Anfang überzeugt. Der Grundstein für das eigene Unternehmen neuraflow GmbH war gelegt. „Dass wir noch während des Gründer-Studiums eine eigene Firma aufbauen würden, hätten wir auch nicht gedacht“, sagt er. Bei dem gewählten Studiengang lag das andererseits auch nicht fern. 

„Hein Mück“ kommuniziert als Chatbot mit Ratsuchenden

Wie die Software funktioniert, demonstrieren die beiden am Beispiel des Chatbots, den sie für ihren Studienort Bremerhaven entwickelt haben. Im Auftrag der Stadtverwaltung gaben Klepper und Nobereit der städtischen Symbolfigur „Hein Mück“ Intelligenz und Stimme. Ursprünglich zierte das Abbild eines Akkordeon spielenden Seemanns und Stadtoriginals einen Springbrunnen in der Seestadt. Jetzt hat „Hein Mück“ einen virtuellen Zwilling bekommen, der übers Smartphone mit Ratsuchenden kommuniziert. Pascal Nobereit fragt ihn zu Demonstrationszwecken nach Themen von der Abfallentsorgung über das Pass- und  Meldewesen bis zur Zulassungsstelle für Kraftfahrzeuge – und bekommt jederzeit eine stimmige Antwort. Und selbst zu überraschenden Zwischenrufe wie „Wo bekomme ich hier ein gutes Fischbrötchen“ weiß der Bot sofort Rat: „Moin, mein Jung“, sagt er mit charmantem norddeutschen Akzent: „Da gehste am besten in Fischereihafen.“ Und dann listet er eine ganze Reihe von Restaurants und Imbissbuden auf: „Guten Appetit.“

Die Premiere ihrer Entwicklung feierten die beiden vor gut einem Jahr in der nordrhein-westfälischen 45.000-Einwohner-Stadt Nettetal. Vorerst kommuniziert der auf der Rathaus-Homepage installierte Bot nur schriftlich mit den Bürgerinnen und Bürgern. Auf Fragen wie zum Beispiel nach der Auto-Zulassung antwortet der Bot aber binnen weniger Sekunden. Dabei gibt er nicht nur die Adresse der richtigen Dienststelle und ihre Öffnungszeiten an, sondern verweist auch auf die gesetzlichen Grundlagen und schickt sogar einen Download-Link zu den notwendigen Formularen.

Verbände zeichnen neuraflow für Arbeit und Ideen aus

Für ihre bisherige Arbeit und ihre Ideen wurden Pascal Nobereit und Dustin Klepper bereits zweifach ausgezeichnet. Der Digital-Branchenverband Bitkom überreichte ihnen den „Smart Country Startup Award 2024“, das Regionalnetzwerk Powerhouse Nord vergab den neu ausgelobten „Motor des Nordens“. Der Innovationspreis würdigt herausragende Akteure, die durch ihre kreativen Ansätze zur  Zukunftsfähigkeit ihrer Stadt oder ihres Landkreises beitragen. Teil der norddeutschen Allianz ist auch die Bremerhavener Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS.

Mithilfe der Auszeichnungen konnte die Werbung für die beiden Gründer besser nicht sein – die Nachfrage aus Kommunen in Deutschland wächst stetig. Bei den sechs Beschäftigten soll es daher nicht belieben, der weitere Expansionskurs ist schon abgesteckt. Bislang kommen die Kundinnen und Kunden aus dem Kreis kleiner bis mittlerer Kommunen: „Als nächstes wollen wir Lösungen für größere Städte mit 100.000 oder mehr Einwohnerinnen und Einwohnern entwickeln.“

„Der Bachelor kann noch ein bisschen warten“

Das Studium, das ihnen eigentlich die Grundlagen für erfolgreiches Unternehmertun vermitteln sollte, haben die beiden über die Arbeit in ihrem Start-up nicht vergessen. „Aber der Bachelor kann noch ein bisschen warten“, sagt Dustin Klepper. Erst einmal geht der unternehmerische Erfolg vor. Dennoch sind sie sich sicher: „Natürlich werden wir das Studium noch abschließen.“ Möglicherweise kann ihnen Künstliche Intelligenz dabei helfen, sich auf die Prüfungsaufgaben vorzubereiten.

Pressekontakt:

Dustin Klepper und Pascal Nobereit, Geschäftsführer neuraflow GmbH, Tel.. +49 1525 2009526, E-Mail: hello@neuraflow.de

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