01.01.2024
Autor: BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven
Es ist ein kleines Fest für die Sinne, wenn man Katie’s Pastry betritt. Fürs Auge, für die Nase und ganz besonders für die Geschmacksnerven auf der Zunge. Die Auswahl von verführerischen Süßigkeiten in dem kleinen Wulsdorfer Café ist groß. Fruchtmousse-Torte, Macarons, Mürbegebäck, Kaffee aus eigener Röstung und der Schokoholic-Eisbecher locken dort – und viele süße Köstlichkeiten, die nach Amerika klingen und schmecken: Brownies, Cookies, Cupcakes, Karamell-Popcorn, Cinnamon Buns, Cake Pops und der Publikumsliebling „American Cheese Cake“. „Süß, aber nicht zu süß“, beschreibt Katie Mühlbacher selber. „Amerikanischer Gedanke, deutsche Machart.“
Bis sie mit dieser internationalen Mischung ihren heutigen Erfolg feiern konnte, waren viele kleine Schritte nötig – und zu Beginn ein ganz großer. Im mehr als 6000 Kilometer entfernten Delaware in den Vereinigten Staaten von Amerika träumte Katie, damals noch mit dem Nachnamen Mazur, von einer Ausbildung als Konditorin. „Gebacken und gekocht habe ich, seitdem ich stehen konnte“, erzählt sie. Und immer schon mit starker Tendenz zu den „süßen Sachen“. Eine so spezifische, praxisnahe Berufsausbildung als Konditorin gäbe es in den USA nicht, sagt Katie Mühlbacher. So entdeckte sie die „German Ausbildung“ für sich.
Sie schrieb unzählige Bewerbungsschreiben an Fachbetriebe in Deutschland. Unter den wenigen Antworten war auch eine aus Bremerhaven. „Die Stadtbäckerei Engelbrecht bot mir eine Ausbildungsstelle zur Konditorin an“, berichtet Katie. Katie wagte 2010 „den Sprung ins kalte Wasser“, wie sie sagt, und zog 21 Jahre jung und ohne ein Wort Deutsch zu sprechen nach Bremerhaven. „Hätte ich damals geahnt, wie schwer es mir fallen würde, Deutsch zu lernen, hätte ich es vielleicht nicht gemacht. Aber ich war jung und naiv“, sagt Katie mit einem ansteckenden Lachen.
Und einmal hier kam für sie ein Aufgeben überhaupt nicht mehr infrage. Katie lernte neben ihrer Ausbildung fleißig Deutsch und trotzte dem großen Heimweh. Trotz aller Schwierigkeiten mit der Sprache schloss sie 2013 ihre Ausbildung erfolgreich ab.
Danach galt es, „Erfahrungen zu sammeln“. Katie arbeitete drei Jahre lang in verschiedenen Regionen Deutschlands, um ihr Handwerk auszuüben. Sie arbeitete als Patissière unter anderem in Geestland am Rittergut Valenbrook und im Romantikhotel Bösehof, aber auch in Bremen und im fernen Unterfranken in der Patisserie Nachtischkultur. Die Erlebnisse ihrer Lehrjahre hielt sie in einem Internet-Blog fest: „Baking my way through Germany“ (deutsch: „Ich backe mich durch Deutschland“). Eine internationale Leserschaft ließ sich von Katies Rezepten und ihren Erlebnissen im deutschen Bäcker- oder Konditorenhandwerk inspirieren. „Ich habe so viele E-Mails und Nachrichten bekommen von Leuten, die das Gleiche machen wollten. Da kamen Anfragen aus Südamerika, aus Asien oder aus Neuseeland“, erinnert sich Katie Mühlbacher.
2016 zog es Katie zurück nach Bremerhaven. Denn hier hatte sie gegen Ende ihrer Ausbildung ihren heutigen Ehemann Tobias Mühlbacher kennengelernt. Sechs Jahre nach dem Beginn ihrer Ausbildung wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit. Gemeinsam baute das Paar eine Scheune zur zwar kleinen, aber professionellen Backstube um, samt Profi-Ofen, Edelstahl-Froster, Riesen-Kühlschrank und blank polierter Arbeitsfläche. Gemeinsam gründen Tobias und Katie auch „Katie’s Pastry“. „Er macht das Geschäftliche, ich mache das Leckere. Er denkt mehr mit dem Kopf, ich mit dem Bauch“, erläutert sie die bis heute gültige Arbeitsteilung ihrer Patisserie-Manufaktur und Konditorei.
Katie fertigt vor allem Torten für Hochzeiten, Taufen, Geburtstage und alle möglichen Anlässe, individuell dekoriert und gerne auch mehrstöckig. „Es ist eine Kunst für sich“, sagt sie. „Es soll ja nicht nur hübsch aussehen, sondern auch schmecken.“ Dazu liefert sie dann auch gerne Kuchen-, Torten- und Süßigkeitenbuffets. Anfangs kamen viele Kontakte und Anfragen über frühere Arbeitgeber. Mit wachsendem Kundenkreis verhalf auch die Mund-zu-Mund-Propaganda zu immer mehr Anfragen aus Bremerhaven, dem Landkreis Cuxhaven und aus Bremen. „Werbung war eigentlich nie nötig“, berichtet Katie. In der Tat lief das Geschäft so gut, dass die alte Backstube schnell zu klein wurde. „Gefühlt hatte ich da auch nur zehn Quadratmeter zur Verfügung“, sagt die Konditorin mit einem Schmunzeln.
Das sollte sich bald ändern. Auf der Rückseite der Weserstraße tut sich die Gelegenheit auf, ehemalige Lager- und Werkstatträume im Hinterhaus von Radio Weddige in Wulsdorf zu übernehmen. „Ich wurde immer wieder darauf angesprochen, wann ich denn endlich ein eigenes Café eröffne“, erzählt Katie. Im Mai 2019 machte die gebürtige Amerikanerin ihren und den Traum ihrer Stammkunden wahr. „Katie’s Pastry“ eröffnet ein rund 60 Quadratmeter großes Café mit Sitzplätzen innen und außen sowie mit einer rund 90 Quadratmeter großen Backstube.
Zusätzlich zum Catering erweiterte sie ihr Sortiment um Köstlichkeiten für die Laufkundschaft und zum Vorbestellen und Abholen. In ihrem Café mit Adresse Weserstraße 66, aber dem Eingang in der Heinrich-Kappelmann-Straße, gibt es auch Eisbecher, Kaffee, den sie eigens rösten lässt, und an bestimmten Tagen ein sehr beliebtes Frühstücksangebot mit Pancakes „The American Way“, Bagel mit Lachs, Brioche French Toast oder Katies hausgemachtem Knuspermüsli.
Trotz der etwas versteckten Lage ist „Katie’s Pastry“ längst kein Geheimtipp mehr. „Beim ersten Besuch bekomme ich von Gästen oft zu hören, dass wir doch sehr abgelegen sind, und vielleicht etwas mehr Werbung machen müssten. Doch dann schauen sie sich um und finden kaum noch einen freien Sitzplatz.“
In der Tat wächst das Geschäft – abgesehen von einem kleinen Knick zu Zeiten von Pandemie und Lockdowns – von Jahr zu Jahr immer weiter. Am 1. April 2023 kam sogar ein zweites Café hinzu. „Mein Mann hat die freie Location entdeckt. Da mussten wir zuschlagen, denn die Lage und die Größe sind perfekt für uns“, sagt Katie. So gibt es nun auch an der Ecke Lohmannstraße / Schleusenstraße direkt am Aufgang zum Lohmanndeich Leckereien à la Katie. Mit den ersten Monaten bei gutem Wetter ist die Wulsdorferin sehr zufrieden. Wenn die Nachfrage am neuen Standort entsprechend bleibt, möchte sie den Außer-Haus-Verkauf und die Öffnungszeiten künftig noch ausweiten.
Ideen hat Katie reichlich. „Aber ein dritter Standort gehört noch nicht dazu“, winkt sie lachend ab. „Immer einen Schritt nach dem anderen.“ Genauso ist aus dem Eine-Frau-Betrieb „Katie’s Pastry“ ein Unternehmen mit zwei weiteren Konditorinnen in Vollzeit und neun Servicekräften in Teilzeit geworden. Mit vielen kleinen Schritten und einem großen ganz am Anfang.