24.01.2021
Das Fraunhofer IWES in Bremerhaven verfügt bekanntlich über eine einzigartige Testinfrastruktur für die technische Entwicklung von Windenergieanlagen. Das IWES setzt sein Know how aber auch bei der Bodenerkundung für Offshore Windparks ein, aktuell im Auftrag des spanischen Energiekonzern Iberdrola für einen neuen Windpark in der Ostsee.
Das Offshore-Windparkprojekt Baltic Eagle vor der Küste der Insel Rügen ist das zweite große Offshore-Projekt des spanischen Unternehmens in Deutschland. Die 52 Offshore Anlagen mit einer Nennleistung von jeweils 9,5 Megawatt von MHI Vestas sollen nach Fertigstellung des Parks 45% des gesamten Verbrauchs in Mecklenburg-Vorpommern mit erneuerbarer Energie abdecken. Ein wichtiger Beitrag in der Energiewende, wird dadurch jährlich ein Ausstoß von 1,65 Millionen Tonnen CO2 vermieden.
Beim Bau von Offshore-Windenergieanlagen können allerdings og. Boulder (Findlinge) und andere geologische Gegebenheiten (flache Gasansammlungen, bindige Schichten) ein Risiko für die Errichtung der Windenergieanlagen darstellen. Insbesondere können Findlinge im Sediment bei der Installation der Tragstrukturen Schäden an den gerammten Pfählen verursachen. Mögliche Installationsabbrüche und längere Verzögerungen können hohe Kosten für die Windparkentwickler nach sich ziehen. Eine genaue Kenntnis der Untergrundgeologie (z.B. Findlingspositionen im Untergrund) ermöglicht dabei eine effiziente kleinskalige Standortverschiebung (Micro-Siting) der Fundamente und so eine Minimierung der Installationsrisiken.
"Wir freuen uns, mit dem Fraunhofer IWES bei der Lokalisierung von Bouldern zusammenzuarbeiten, um die Risiken bei der Installation von Monopiles mit großem Durchmesser und bei schwierigen Bodenbedingungen zu minimieren", sagt Kevin O'Reilly, Ground Engineering Manager für Baltic Eagle.
Das Fraunhofer IWES führt im Auftrag von Iberdrola eine „Boulder Detektion und Geohazard“-Vermessung der Windenergieanlagen-Standorten und der dazugehörigen Umspannplattform in der Ostsee durch. Die dreiwöchigen Vermessungsarbeiten in der Ostsee fanden bereits im Oktober und November 2020 statt. Zur Datenerfassung kam das neuartige proprietäre Fraunhofer IWES Manta Ray G1 System zum Einsatz. Die gewonnenen Daten werden derzeit am Institut ausgewertet, um das Projekt bis Ende April 2021 abzuschließen.
Der Manta Ray G1 ist ein neuartiges Datenerfassungssystem, das vom Fraunhofer IWES und der Universität Bremen speziell zum Zweck der Diffraktionsabbildung und der Lokalisierung von Punktdiffraktoren in marinen Sedimenten entwickelt wurde. Eine Diffraktion ist die Beugung von Wellen an einem Hindernis. Ergänzend zu den Diffraktionsdaten werden entlang der Profillinien konventionelle 3D-seismische Reflexionsdaten erfasst. Das System arbeitet nach dem Prinzip, dass Objekte innerhalb des Meeresbodens als Punktdiffraktoren wirken, wenn sie von einer Signalquelle beleuchtet werden. Die Aufzeichnung der resultierenden akustischen Diffraktionen und eine genaue Verarbeitung der diffraktierten Energie ermöglichen eine Lokalisierung des Diffraktionsursprungs, d.h. des Findlings im Sediment. Die speziell entworfene Aufnahmegeometrie des Manta Ray G1 ermöglicht zusammen mit dem Verarbeitungsprinzip der synthetischen Apertur eine flächendeckende Erfassung des Baugrundes mit einer ausgezeichneten Flächenabdeckung, bei einer zeit- und kosteneffizienten Datenerhebung.