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Gastfreundschaft mit nachhaltiger Wirkung

Die Strom-fressenden Minibars auf den Zimmern sind verschwunden; im Restaurant steht „Resteessen“ auf der Speisekarte; die Azubis lernen auch bei den Mitbewerbern. Es scheint, als stünde die Welt im Bremerhavener ATLANTIC Hotel Sail City auf dem Kopf. Doch die Gäste lieben es. Denn Direktor Tim Oberdieck hat das Vier-Sterne-Haus zum Vorbild für Nachhaltigkeit und gemeinsam mit zwei Nachbarn zum Vorzeigebetrieb für eine Verbundausbildung gemacht.

23.09.2024
Autor: BIS Bremerhaven

Profis stehen im Hotel-Geschäft international alle Türen offen. So hat es Tim Oberdieck erlebt. Nach der Ausbildung zum Hotelkaufmann und dem anschließenden Studium sammelte er im Zwei-Jahres-Takt Erfahrungen in namhaften Häusern unter anderem der InterContinental Hotels Group. Bis er 2009 ins ATLANTIC Hotel Sail City nach Bremerhaven kam - und geblieben ist. „Dass ich hier sesshaft werde, habe ich anfangs selbst nicht gedacht“, sagt er. Doch die inzwischen 15 Jahre in der Hafen- und Tourismusstadt haben einen guten Grund: Oberdieck nutzte die Zeit, den Charakter des kurz zuvor eröffneten 4-Sterne-Hotels in den „Havenwelten“ auf besondere Weise zu prägen. „Wir möchten Maßstäbe für Nachhaltigkeit im Hotelbetrieb setzen und unseren Nachwuchskräften eine umfassende Ausbildung in einem absolut spannenden Beruf geben“, fasst der 53-Jährige zusammen, woran er gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Anja Wagner und den rund 140 Beschäftigten täglich arbeitet. Mit Erfolg - unter anderem wurde das Hotel mit dem Bremer Umweltpreis ausgezeichnet.

Nachhaltigkeit bekommt im Tourismus eine stetig wachsende Bedeutung. Mit dem 2009 eröffneten „Klimahaus“ hat Bremerhaven diese Entwicklung frühzeitig mitbestimmt. Der zentrale Besuchermagnet im vielseitigen Tourismuskonzept der Stadt und das ATLANTIC Hotel Sail City sind unmittelbare Nachbarn im selben Gebäudekomplex. „Das beeinflusst auch das Verantwortungsgefühl als Hotelmanager“, sagt Tim Oberdieck. Nach wenigen Monaten übernahm er 2010 die Führung des Hauses. Wie bei jeder Neueröffnung stand für ihn im Vordergrund, die anspruchsvollen Standards in dem Vier-Sterne-Haus zu etablieren und das Hotel in den Markt einzuführen. Dies ist augenscheinlich gelungen - mit mehr als 30.000 Übernachtungen pro Jahr ist das 120-Zimmer-Haus sehr gut ausgelastet. Aber schon seine erste Amtshandlung als neuer Direktor des jungen Hotels hatte gewisse Nachhaltigkeitsaspekte: „Wir haben das bis dahin an einen Dienstleister vergebene Housekeeping ins Haus geholt.“ Seitdem gehören alle in dem Haus Beschäftigten dem gemeinsamen Team an: „Wir wollen das so“, sagt Tim Oberdieck.

Dieser besondere Wille ist die treibende Kraft hinter der Nachhaltigkeitsstrategie, die Oberdieck seit zehn Jahren in seinem Haus umsetzt. Zunächst waren es kleine Schritte. Von einem Imker zur Verfügung gestellte Bienenstöcke für den hoteleigenen Honig, das Angebot an die Gäste, selbst über den Wechsel der Handtücher im Bad zu entscheiden, der verstärkte Einkauf von nachhaltig hergestellten Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfes - das waren die Anfänge. Angeregt durch die Ausstellung im benachbarten Klimahaus ließ Oberdieck die CO2-Bilanz seines Hauses berechnen; eine der Konsequenzen daraus war es, die in der Hotel-Kategorie bis dahin obligatorischen Mini-Bars aus den Zimmern zu verbannen: „Sie verbrauchen viel Energie, werden aber objektiv gesehen von den Gästen nur selten genutzt.“ Dennoch empfand der Hoteldirektor den Verzicht auf die kleinen Kühlschränke als heiklen Schritt: „Minibars gelten als Symbol für Qualität und Standard eines Hotels.“ Aber die Gäste des ATLANTIC Hotels Sail City akzeptierten den Verzicht ohne weiteres - und machten Oberdieck Mut für den weiteren Weg zur Nachhaltigkeit.

Viele Maßnahmen zum Sparen von Energie und Ressourcen spielen sich hinter den Kulissen ab. Anderes wie beispielsweise der Verzicht auf verpackte Kleinportionen am Frühstücksbuffet ist für die Gäste sichtbar. Deren positive Resonanz lenkte den Blick des Hotel-Teams auf das Restaurant „STROM“, das zu den Aushängeschildern des Hotels gehört. Eines der wichtigsten Themen ist es seitdem in der Restaurantküche, die Verschwendung von Lebensmitteln zu vermeiden. Zusammen mit Küchenchef Dominik Flettner entwickelte Oberdieck eine mehrteilige Strategie zu mehr Nachhaltigkeit in Küche und Restaurant. Das eigene Team wurde beispielsweise durch durchsichtige Abfallbehälter dafür sensibilisiert, wie viel noch Nutzbares täglich weggeworfen wird. Etwas angepasste Portionen reduzierten auch auf der Seite der Gäste die Mengen; ab einer bestimmten Uhrzeit werden Lebensmittel am Frühstücksbuffet nicht mehr nachgelegt, sondern im vom Gast gewünschten Menge an den Tisch gebracht. Dahinter steckt die Hygiene-Auflage, nach der all das nicht mehr verwertet werden darf, was einmal beim Gast war. Vor allem aber entwickelte Flettner Ideen und Rezepte, was sich aus den verwertbaren Resten produzieren ließe. Gemüsesuppe und Crunch-Beilagen für den Salat aus Möhren- oder Gurkenschalen; Bruschetta aus Tomaten-Schnittstücken und vieles mehr gehören seitdem zu den Klassikern der Küche; regelmäßig gibt es ein ganzes Menüangebot mit solchen appetitlichen und wohlschmeckenden Gerichten. „Auf der Speisekarte steht bei uns dann ,Resteessen’“, sagt Tim Oberdieck.

Oberdieck freut sich, dass er mit seinem „grünen Engagement“ in Bremerhaven nicht alleine ist. Die BIS Bremerhaven betrachtet er als wichtige Sparringspartnerin: „Die Wirtschaftsförderer engagieren sich genau wie wir für Nachhaltigkeit und ökonomischen Erfolg.“ Zudem habe die BIS mit dem „Bremerhavener Wirtschaftsdialog“ ein erfolgreiches Konferenzformat entwickelt, indem Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielt. Im Jahr 2023 hat sich die Veranstaltung beispielsweise dem Thema „Klimaneutralität 2045 – Herausforderungen für die Wirtschaft“ gewidmet. Mit solchen Veranstaltungen kennt sich Oberdieck bestens aus: Das Hotel bewirtschaftet das ebenfalls im Gebäude untergebrachte Conference Center Bremerhaven.

Auf solchen Veranstaltungen kommt auch das Engagement des ATLANTIC Hotel Sail City immer wieder zur Sprache. Daneben setzt der Hoteldirektor darauf, dass die guten Beispiele in seinem Haus bei den Gästen und auch in anderen Hotels Schule machen. Im Bremer Mutterhaus und deren bundesweiten ATLANTIC-Hotels zeigt das Engagement in Bremerhaven nach anfänglicher Skepsis bereits deutliche Wirkung. 16 Häuser der Hotelgruppe haben sich inzwischen der Nachhaltigkeitszertifizierung nach den „GreenSign“-Standards unterzogen. Neben dem Klima- und Ressourcenschutz geht es dort wie im Bremerhavener Haus auch um gesellschaftliches Engagement: Die Hotels engagieren sich unter anderem in lokalen Sportvereinen und übernehmen Sponsorings für lokale Events.

Parallel dazu hat Tim Oberdieck gemeinsam mit den verantwortlichen Kollegen der benachbarten Hotels The Liberty und Im Jaich eine bundesweit einmalige Ausbildungsinitiative gestartet. „Meerzukunfthochdrei“ bietet den Nachwuchskräften der beteiligten Hotels die Chance, auch in den anderen Häusern zu lernen. Der Hintergedanke: „Jedes Haus hat Besonderheiten, die die anderen nicht haben“, erläutert Tim Oberdieck, „über die Verbundausbildung haben unsere Azubis die Möglichkeit eine viel größere Bandbreite an Tätigkeiten zu erlernen, als es in der klassischen Ausbildung in einem Haus möglich wäre.“ Auch dieses Projekt findet inzwischen bundesweit Beachtung. „Es ist ein weiterer Schritt in eine nachhaltige Zukunft“, ist Oberdieck überzeugt. Offenkundig ist es nicht der letzte, den der engagierte Hoteldirektor in der Stadt unternehmen wird: „Wir überlegen, ob wir in dieses Modell noch andere Hotels und Branchen integrieren können.“

Bildmaterial

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