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Eishockey-Fans mit solidem Unternehmer-Geist

Es war ein Sprung ins kalte Wasser, als vier engagierte Männer 2019 das Bremerhavener Traditionsunternehmen E+A Elektrotechnik und Aggregatebau Betriebsgesellschaft mbH übernahmen. Doch Oliver Rösner, Eike Ullrich, Christian Quell, Carsten Gernhoff und Torsten Campen haben den Schritt nicht bereut. 105 Jahre nach der Gründung wächst die Firma kontinuierlich - mittlerweile zählt sie rund 90 Beschäftigte.

24.07.2024
Autor: BIS mbH

Das Büro von Torsten Campen ist auf das Wesentliche reduziert. Ein großer Schreibtisch, ein Besprechungstisch, an dem er mit seinem Kollegen Carsten Gernhoff Besucher empfängt. An den weißgestrichenen Wänden zeigen großformatige Bilder Details von großen Elektromotoren. Nur ein Eishockey-Trikot und der original Stock-Handschuh des Torhüters der Fischtown Pinguins unterbrechen die sachliche Nüchternheit des Raumes. Als hätten sie ihre Antwort auf den fragenden Blick abgestimmt, sagen die beiden übereinstimmend: „Ja, wir sind eine Eishockey-verrückte Firma. Wenn die Fischtown Pinguins am Wochenende gespielt haben, gibt es am Montagmorgen in unseren Werkstätten kein anderes Gesprächsthema.“

Elektrotechnik-Spezialist zählt zu den Hidden Champions

Campen und Gernhoff sind die Geschäftsführer und gemeinsam mit drei weiteren Beschäftigten auch die Gesellschafter des Unternehmens E+A Elektrotechnik und Aggregatebau Betriebsgesellschaft mbH. Die Firma gehört zu den Hidden Champions in Bremerhaven. Seit mehr als 100 Jahren hat sich das Unternehmen auf die Wartung und Instandhaltung elektrischer Maschinen, Generatoren und Transformatoren sämtlicher Hersteller und Maschinentypen sowie die Installation und Inbetriebnahme elektrotechnischer Anlagen spezialisiert. Elektrische Anlagen gibt es im Eisstadion in Hülle und Fülle: „Wenn es erforderlich ist, reparieren wir noch kurz vor einem Spiel die Motoren der Eismaschinen in der Eishockey-Halle“, versichert Torsten Campen.

Zugegebenermaßen sind die diesjährigen Vizemeister der deutschen Eishockey-Liga und die Technik ihrer Eishalle nur ein kleines Segment im Kundenkreis von E+A. In erster Linie wendet sich die Firma an Schifffahrtsunternehmen, Werften, die Offshore- und Onshore-Windkraftindustrie und andere Anwender schwerer und großer Elektromaschinen. Seit 1919 ist das in Nordenham gegründete Unternehmen auf die Wartung von Elektromotoren und Generatoren spezialisiert, wie sie an Bord von Schiffen eingesetzt wurden. Mit dem Laufe der Zeit suchte sich das Unternehmen erfolgreich neue Arbeitsfelder, blieb aber der vertrauten Technologie treu. „Neue Ideen, Arbeitsfelder und Serviceangebote zu entwickeln, ist für uns eine Selbstverständlichkeit“, betont Torsten Campen.

Besondere Chance in hochqualifiziertem Service für Windkraftbranche entdeckt

Insbesondere in der Windkraftbranche bekommt die Wartung und Instandsetzung von Generatoren eine stetig wachsende Bedeutung. „Inzwischen gibt es schon sehr viele Anlagen, die langsam in die Jahre kommen“, erläutert Carsten Gernhoff. Bei technischen Großgeräten ist Altern grundsätzlich nicht gleichbedeutend mit Qualitätsverlust. „Um den Zustand und die Verfügbarkeit aber langfristig zu gewährleisten, kommt der Wartung eine sehr große Bedeutung zu“, betont Gernhoff. Gemeinsam mit seinem Kollegen Campen hat er darin einen interessanten Markt erkannt. Ab einem bestimmten Alter der Windenergieanlagen laufen die mit den Herstellern abgeschlossenen Wartungsverträge aus. „Das ist unsere Chance, in diesem Markt einen hochqualifizierten Service zu für den Parkbetreiber interessanten Konditionen anzubieten“, ist Torsten Campen überzeugt.

Die Überzeugung basiert auf der Kernkompetenz, die E+A über Jahrzehnte in der Wartung und Reparatur von Elektromotoren entwickelt hat. Unter anderem kennen sich die Bremerhavener Fachleute mit Gleichstrom-Motoren aus, mit deren Hilfe die Rotorblätter der Windenergieanlagen verstellt werden. Die Lasten, die diese Motoren bewältigen müssen, sind gewaltig, jeder einzelne „Flügel“ wiegt bis zu 18 Tonnen. „Wenn eine Anlage abgeschaltet wird, müssen die Motoren das Blatt aus voller Fahrt in wenigen Sekunden um 90 Grad aus dem Wind drehen“, erläutert Gernhoff. Bislang verzichteten viele Anlagenhersteller oder Parkbetreiber allerdings auf eine Instandsetzung und setzten lieber neue Motoren - drei Stück pro Windenergieanlage - ein. „Das ist weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll“, sind die beiden Geschäftsführer überzeugt. Dank der eigenen Erfahrung („Wir haben schon rund 150 Motoren dieser Art bearbeitet“) und dank der Zusammenarbeit mit Spezialisten für die extrem hoch belasteten mechanischen Bauteile „können wir die Instandsetzung als viel sinnvollere und kostengünstigere Alternative anbieten“, sagt Campen.

Kurzerhand zum außergewöhnlichen Schritt entschlossen und Unternehmen gekauft

Solche Ideen und Konzepte zu entwickeln, ist seit fünf Jahren Alltag für die Geschäftsführer und Gesellschafter des Unternehmens. Ausgerechnet rund um den 100. Geburtstag von E+A im Jahr 2019 wollten sich die damaligen Eigentümer in den Ruhestand zurückziehen und deshalb die Firma verkaufen. Als langjährige E+A-Mitarbeiter setzten sich Oliver Rösner (Leiter des Projektmanagements), Eike Ullrich (Werkstattleiter), Christian Quell (Leiter Prüffeld und Maschinen Diagnose) und Carsten Gernhoff (Betriebsleiter) seinerzeit gedanklich mit den möglichen Kaufinteressenten auseinander: „Bei mindestens einem war klar, dass er nicht die Firma und die Arbeitsplätze, sondern die Kundenkontakte haben wollte“, erinnert sich Gernhoff. Kurzerhand entschloss sich das Quartett zu einem außergewöhnlichen Schritt: Gemeinsam mit Torsten Campen, der als weiterer von einem damals in Bremerhaven ansässigen Hersteller von Windenergieanlagen kommend das E+A-Team verstärkte, warfen sie ihren Hut ins Rennen um den Kauf von E+A.

Dass ihr früherer Arbeitgeber ihr Angebot annehmen würde, war keinesfalls selbstverständlich. Der begrüßte zwar den Willen zum Erhalt der Arbeitsplätze und der Firma, einen Bonus gab es für die Interessenten aus dem eigenen Haus aber nicht, tatsächlich entschieden die Inhalte. „Möglich war der Schritt aber nur, weil auch unsere Familien und die Hausbank ihn mitgetragen haben“, betont Torsten Campen. Und auch die Kollegen, mit denen sie vorher Seite an Seite gearbeitet hatten, zogen mit: „Auf einmal waren wir ja die Gesellschafter, also gewissermaßen die Chefs, und nicht nur einfach die Kollegen wie früher.“ Aber die Umstellung klappte reibungslos - und auch die Rollenverteilung unter den Gesellschaftern blieb ohne Probleme: „Uns war von Anfang an klar, dass wir nicht alle Geschäftsführer sein konnten“, sagt Campen - so übernahm jeder den Teil der Verantwortung, der am besten zu ihm passte: „Wichtig ist, dass wir uns alle regelmäßig austauschen und auch miteinander diskutieren können“, betont Carsten Gernhoff. Seit der Übernahme des Unternehmens durch die fünf Gesellschafter pflegen die Geschäftsführer und die BIS Bremerhaven den engen Austausch miteinander, „Die BIS verdient den Begriff Wirtschaftsförderung wirklich“, sagt Torsten Campen. Unter anderem hat E+A bereits zwei Förderprogramme aus dem Bereich Digitalisierung in Anspruch genommen und ist Partnerfirma bei dem jährlich stattfindenden Wirtschaftsdialog.

Neues Firmenimage und umfassende Sanierung des Firmengebäudes

Das nur wenige Monate nach der Übernahme Corona für drei Jahre das Land lähmte, war eine Herausforderung - „aber wir haben sie gemeistert“, so Campen. Behutsam konsolidierten Gesellschafter und Geschäftsführer den Betrieb, nach und nach investierten sie in die Modernisierung der Fertigung, modernisierten das Firmenlogo, passten die Homepage dem neuen Firmenimage an. Als nächstes steht eine umfassende Sanierung des Firmengebäudes an. „Es wird nie langweilig“, sagt Torsten Campen. Den Gesellschaftern und Geschäftsführern ist es dabei wichtig, dass E+A ein integraler Bestandteil der Stadt Bremerhaven ist und bleibt. 

Das erklärt auch das Engagement für die Fishtown Pinguins. Als einer der Sponsoren verfügt das Unternehmen über Plätze in der VIP-Lounge und auf den Rängen des Eisstadions. Wer aber denkt, dass dort nur die Gesellschafter und Geschäftsführer Platz nehmen, irrt: „Dort kommen auch unsere Beschäftigten und Kunden zum Zuge“, versichert Campen. Lediglich das Trikot und der Torwart-Handschuh bleiben den Geschäftsführern vorbehalten, werden aber nach dem Umbau im Empfang ausgestellt.

Bildmaterial

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