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Die heutige Wirtschaftsförderung steht vor einer schwierigen Aufgabe

Die BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH feierte 2024 ihr 25. Jubiläum. Kurz darauf entstand eine neue Abteilung für Wirtschaftsförderung unter der Leitung von Wasserstoffexpertin Dr. Saskia Greiner. Sie soll helfen, die Seestadt zu einem dynamischen Standort für neue Technologien, Innovation und Serienprodukte in verschiedenen Bereichen zu entwickeln. Im Business-Talk berichtet Geschäftsführer Nils Schnorrenberger über Chancen und Herausforderungen für die maritime Wirtschaft.

12.03.2025
Autor: Pia Brückner

Herr Schnorrenberger, was sind für Sie persönlich die größten Erfolge der BIS in ihren fast 26 Jahren?

1999 fingen wir im Rahmen der Stadtentwicklung zunächst mit der Sanierung der Fußgängerzone und Dächer an. Nach und nach gingen wir dann zusammen mit der STÄWOG alle öffentlichen Bereiche an: Havenwelten, Klimahaus, Auswandererhaus, Zoo, auch die Schleusen- und Kajensanierung. Der größte Erfolg, der sehr eng an der BIS hängt, ist die Entwicklungsansiedlung der Unternehmen aus der Offshore-Windenergie. Auch wenn diese Branche durch politische Änderungen eine Delle erlebt hat. Durch Windparks und den Energy Port könnten wir bald bei bis zu 7.000 Arbeitsplätzen liegen. Dazu kommen Service und Wartung sowie Rückbau der Anlagen. Das erfordert allerdings eine starke Infrastruktur.

Was sind in Zukunft die größten Herausforderungen für die BIS?

Die Wirtschaftsförderung steht heute vor einer sehr schwierigen Aufgabe: Sie muss Unternehmen dabei unterstützen, Arbeitsplätze zu schaffen, und auch dafür sorgen, dass die Menschen in der Region sein wollen – hier arbeiten, hier leben, hier Urlaub machen. Ich bin Jahrgang 1964, also der geburtenstärkste Jahrgang. Als ich hier in Bremerhaven angefangen habe, da war das Angebot an Arbeitskräften einfach da. Wirtschaftsförderung bestand darin, das Grundstück bereitzustellen sowie Kapital und Förderung durch Zuschüsse ein wenig günstiger zu machen. Durch den demographischen Wandel ist unser Arbeitsmarkt ein Arbeitnehmermarkt geworden.

Bei einem Standort wie Bremerhaven, der durch ein tiefes Tal des Strukturwandels gegangen ist, arbeiten wir daher ganz besonders am Image der Stadt. Wir fördern das touristische Ansehen und die wissenschaftlichen Einrichtungen mithilfe der jeweils zuständigen Gesellschaft. Ähnlich wie das Stadtmarketing vermitteln wir überregional unsere Vorteile für Unternehmen und Arbeitnehmende. Die günstigen Lebenshaltungskosten, der Blick aufs Wasser, das Wattwandern, die enge Verbindung zwischen Stadt und Land, die kulturellen Angebote – das alles macht die hohe Lebensqualität in unserer Region aus. Das wollen wir auch nach Süden hin vermitteln.

»Der größte Erfolg, der sehr eng an der BIS hängt, ist die Entwicklungsansiedlung der Unternehmen aus der Offshore-Windenergie.«

In Bremerhaven trennt die Columbusstraße die Innenstadt von den Havenwelten mitsamt Tourismus. Welche Lösung bietet sich an?

Ein renommiertes Verkehrsplanungsbüro hat analysiert, dass die Columbusstraße leistungsfähig bleibt, selbst wenn man ihr einige Spuren wegnimmt. Leute von außerhalb, die ihre Kaufkraft vor allem in die Havenwelten tragen, müssen auch in die Innenstadt kommen. Das ist die Herausforderung und, bei allem Erfolg der Havenwelten, noch nicht so gelungen. Die Columbusstraße wirkt wie eine Barriere. Zudem gibt es heute noch kein visuelles Ziel auf der anderen Seite der Straße, man guckt nur in Parkhäuser. Warum sollte man da rübergehen? Das heißt, da müssen wir ran und da sind wir auch dran, damit diese Verbindung attraktiver gestaltet wird.

Genauso muss auf der Seite der Havenwelten das Klimahaus nach Osten geöffnet und im Alten Hafen eine Brückenanlage gebaut werden.

Seit Jahrzehnten wird die Idee einer Hafenrandstraße diskutiert, um die Innenstadt vom Lkw-Verkehr zu entlasten. Wie sollte es damit weitergehen?

Wenn das Zolltor Roter Sand schließt, haben wir mit dem Hafentunnel eine sehr leistungsfähige Anbindung an die Autobahn, die mit Sicherheit in der Lage ist, den gesamten Verkehr aus dem Hafen aufzunehmen. Wichtig ist es, ernsthaft zu untersuchen: Wie bekommen wir den Verkehr aus dem Hafen zum Hafentunnel, und zwar ohne die Menschen zu sehr zu belasten?

Ob die Hafenrandstraße dann das Ergebnis ist, weiß ich nicht, aber wenn die Herleitung nachvollziehbar ist, glaube ich, wird die Akzeptanz für so eine Straße auch erhöht werden. Wir sitzen mit am Tisch und wir versuchen, diese Argumente da zu vermitteln.

Im Fischereihafen entsteht das neue Werftquartier. Welche Vision vom modernen Wohnen steckt hinter diesem Bauprojekt?

Auf der Külken-Halbinsel entstehen Reihenhäuser und, besonders zum Wasser hin, auch mehrgeschossige Wohnungshäuser – alles mit großen grünen Arealen und gemeinsamen Wohnhöfen.
Das Angebot richtet sich unter anderem an Familien, die sonst in den Landkreis ziehen. Menschen, die in einer Lebensphase sind, wo sie sich beruflich orientieren, sich über Familienplanung Gedanken machen und ihren Lebensmittelpunkt finden wollen. Diese Nachfrage können wir hier derzeit nicht ausreichend befriedigen.

Parallel dazu wird im Stadtsüden das LUNEDELTA gebaut, das ein nachhaltiges Arbeitsquartier werden soll. Wie genau wird dieses Ziel erreicht?

Nachhaltigkeit ist immer ein Dreiklang zwischen ökologischer, ökonomischer und sozialer Zukunftsfähigkeit. Für die Ökologie kommt es etwa darauf an, möglichst wenig zu versiegeln oder Kreislaufsysteme zu nutzen, zum Beispiel beim Regenwasser. Die Wärmeversorgung versuchen wir aus der Abwärme der Kläranlage zu realisieren, damit kein Gas mehr verbrannt wird. Erstmals haben wir Kriterien entwickelt, die dort niedergelassene Unternehmen erfüllen müssen: Wie ist die Work-Life-Balance? Wie viele Auszubildende werden beschäftigt? Wie hoch ist der Forschungs- und Entwicklungsanteil? Sind die hergestellten Produkte nachhaltig? Wer da eine bestimmte Punktezahl nicht erreicht, für den haben wir andere Gewerbeflächen in Bremerhaven. Nicht zuletzt suchen wir die passenden Kompensationsflächen – wir greifen ja bei der Luneplate in ein sehr seltenes und wertvolles Naturareal ein.

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