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An der Stange auf dem Weg nach oben

Von ihrem ersten Probetraining an, hat Irina Felker die Begeisterung für den Pole Dance nicht mehr losgelassen. Fünf Jahre später erfüllte sie sich mit ihrer Existenzgründung den Traum vom eigenen Tanzstudio „Pole Emotion Bremerhaven“. Immer noch voller Begeisterung erzählt sie, was den Tanz an der Stange so anspruchsvoll und besonders macht.

10.12.2023
Autor: BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven

Es ist ein Tanz in der Vertikalen. Irina Felker tritt an eine der Stangen in ihrem Tanzstudio „Pole Emotion“, das sie 2022 in Bremerhaven gegründet hat. Wenige Sekunden später dreht sie ihren Körper in akrobatischen Figuren darum. Sie trotzt der Schwerkraft, mal mit der Kraft ihrer Arme, mal kopfüber mit der Kraft ihrer Beine. So schwingt sie sich choreografiert und scheinbar mühelos und schwerelos von Pose zu Pose. „Es ist ein anspruchsvoller Sport. Arme, Schultern, Rücken, Bauch und Po, der ganze Körper wird trainiert“, sagt die Bremerhavenerin, als sie mit beiden Füßen wieder auf dem Boden steht. Mit einem Lächeln fügt sie an: „Wenn es leicht aussieht, hat die Tänzerin alles richtig gemacht.“

Vielseitig wie kaum ein anderer Sport

Ihre erste Berührung mit der Stange war 2017. „Damals musste ich noch eine Stunde von Bremerhaven nach Beverstedt fahren, um dort eine Stunde zu trainieren“, erinnert sich Irina. Poledance-Angebote gab es damals noch keine in Bremerhaven und der näheren Umgebung. „Ich habe sofort gemerkt: Das ist meins“, sagt sie. „Es war etwas komplett anderes.“ Sportbegeistert und sportlich war die heute 38-Jährige „schon immer“, wie sie sagt: Tanz und Volleyball, Fitnessstudio und Sportverein – das komplette Programm. „Beim Pole Dance fließt irgendwie alles zusammen. Es ist die perfekte Sportart für alle, die Kraft aufbauen möchten, beweglicher werden wollen oder einfach Lust auf akrobatisches Tanzen haben.“ Schüler:innen haben die Wahl, was sie daraus machen wollen, auf welchen Aspekt sie sich konzentrieren wollen.

Irina Felkers Wahl war, mehr daraus zu machen. Im Sommer 2021 gab sie – als eine der erfahrensten Tänzerinnen im Studio – vertretungsweise ihren ersten Schnupperkurs. „Ich war total aufgeregt“, berichtet sie. „Dann habe ich mich umgedreht und angefangen zu erzählen. Es hat mich von Anfang an gepackt. Obwohl ich damals noch kaum Fachkenntnisse hatte, hatte ich sofort das Gefühl: Das ist meins, das will ich machen.“ Wenig später fasste Irina den Plan, das Abenteuer Selbständigkeit zu wagen und ein eigenes Tanzstudio zu gründen.

Von der Lebensmitteltechnologie ins Tanzstudio

Auf diesem Weg kamen ihr die Erfahrungen aus ihrer ersten Karriere zugute. Irina Felker hat eine Ausbildung als Bürokauffrau absolviert und später an der Hochschule Bremerhaven Lebensmitteltechnologie studiert. Daraufhin arbeitete sie einige Jahre im Fischereihafen, zuletzt in Führungspositionen. Die kaufmännischen Fähigkeiten hatte sie also. „Excel-Listen waren nichts Neues für mich“, sagt die Tänzerin mit einem Schmunzeln. Und Durchhaltevermögen hatte sie auch. „Der Fischereihafen ist immer noch eine Männerdomäne. Es gehört schon einiges dazu, sich als Frau dort durchzusetzen.“

Fachlich hat sie sich von Nele Sehrt fortbilden lassen. „Sie ist eine Pionierin des Pole Dance in Deutschland“, schwärmt die Bremerhavenerin. Drei Zertifikate von Sehrts Firma „Polebatics Teacher Training“ zieren die Wand in ihrem Tanzstudio: Auf die Grundausbildung als Trainerin folgten die Kurse Pole Instructor (Beginner) und Pole Instructor (Intermediate). Und Irina liebäugelt bereits mit der Fortbildung für den Advanced-Level. „Meine Schülerinnen und ich, wir wachsen und lernen im Gleichschritt“, betont die Pole-Tänzerin.

Auch wenn sie für ihren Traum vom eigenen Tanzstudio einen Kredit aufnehmen, viel Arbeit investieren und letztlich auch ihren Job aufgeben musste, ist Irina Felker froh über die Entscheidung. „Man bereut nie, was man getan, sondern immer, was man nicht getan hat“, gibt sie ein bekanntes Zitat wider, das für sie eine Art Motto geworden ist.

Perfekte Adresse für den Start

Größtenteils hat sich Irina selbst durch den Gründungsprozess und all die Formalitäten gekämpft. Rat und moralische Unterstützung fand sie aber beim Female Founders Coffee Club im Starthaus Bremerhaven und beim Unternehmerinnen-Netzwerk für Bremerhaven und umzu.

Auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten wurde die Existenzgründerin im Internet fündig. Als sie das erste Mal die Räume im 3. Obergeschoss der Bürgermeister-Smidt-Straße 31 betrat, war sie sofort überzeugt: „Die Räume sind hell und die Adresse in der Fußgängerzone ist hervorragend.“ Gemeinsam mit ihrem Mann renovierte sie und baute alles nach ihren Wünschen um. Sie baute acht professionelle Stangen der Marke X-Pole ein, die sich am Fußende umschalten lassen zwischen feststehend oder mitdrehend. „Dieser Raum ist sehr schön. Und wir haben das Beste daraus gemacht“, ist Irina hochzufrieden.

Eröffnung im Frühjahr 2022

Am 12. März 2022 feierte sie die Eröffnung von „Pole Emotion Bremerhaven“. Anfangs betrieb sie ihr Tanzstudio noch halbtags neben dem Beruf. „Morgens bin ich zur Arbeit in den Fischereihafen gefahren, abends habe ich in meinem Tanzstudio Kurse gegeben“, erzählt Irina. Nach einem schwierigen Sommer 2022 – für die Fitnessbranche ohnehin eine maue Jahreszeit und zudem noch unter dem frischen Eindruck von Pandemie und Lockdowns – nahm das Geschäft im Herbst Fahrt auf. Die Bremerhavenerin wagte den großen Schritt zur Selbständigkeit in Vollzeit. „Zum Glück habe ich für die ersten Monate einen Gründungszuschuss von der Agentur für Arbeit bekommen. Dabei hat mir die Frauenberatungsstelle des Arbeitsförderungs-Zentrums afz sehr geholfen“, sagt Irina.

Breitgefächertes Kursangebot aufgebaut

Ihr Angebot im Pole Emotion hat sie seitdem erweitert und noch eine weitere Trainerin in Teilzeit angestellt. Interessent:innen können sich für einen Schnupperkurs anmelden. Es gibt auch Kurse für Anfänger:innen und Fortgeschrittene, bei denen jeweils maximal acht Schüler:innen gleichzeitig an der Stange tanzen können. Wer lieber einzeln trainiert, kann ein individuelles VIP-Training buchen. Für Kids von 10 bis 13 Jahren und Teens von 14 bis 17 Jahren gibt es ebenfalls eigene Termine. Eine dritte Trainerin hat sich bei Irina Felker untergemietet, um Exotic Pole, die sinnlichere Show-Variante des Pole Dance, anzubieten. „Besonders gut kommen auch unsere Junggesellenabschiede an und unsere Pole Partys, die wir als private Feiern oder als Teambildungsevents für Unternehmen anbieten“, erzählt Irina.

Hunderte von Schüler:innen hatte sie inzwischen schon in ihren Kursen, ein harter Kern von rund 40 kommt aktuell regelmäßig. „Von U20 bis Ü50 ist eigentlich alles dabei. Der Durchschnitt liegt aber zwischen 20 und 30 Jahren. Und zu 99 Prozent sind es Frauen“, weiß die Pole-Trainerin, die aber auch von dem ein oder anderen Mann berichten kann, der auf der Suche nach neuen Herausforderungen bei ihr gelandet ist.

Werbung für den Sport und das eigene Unternehmen

Vor allem die Mund-zu-Mund-Propaganda durch begeisterte Tänzerinnen und Tänzer verhilft ihr zu neuen Kunden. Aber auch die klassischen Flyer hat sie verteilt. „Sehr effektiv ist die digitale Werbung“, meint Irina. Sie postet regelmäßig in sozialen Netzwerken wie Instagram und Facebook und hat zudem bei der Suchmaschine Google Anzeigen zu bestimmten Suchbegriffen geschaltet.

Obwohl der Pole Dance als anstrengender und anspruchsvoller Sport mit regelmäßigen Wettbewerben und sogar olympischen Ambitionen doch eigentlich schon im Mainstream angekommen ist, kämpft Irina immer noch gegen Vorurteile an. Viele Menschen verorten den Stangentanz noch eher im Rotlichtviertel als in der Fußgängerzone. Beispiele kennt sie aus eigener Erfahrung und von ihren Schülerinnen. „Man sollte es erst mal ausprobieren, bevor man darüber spricht“, empfiehlt die Tänzerin. „Dann würden viele Menschen ihre Meinung ändern.“ Trotz des gelegentlichen Gegenwinds wird sie nicht müde, für den Pole Sport und ihr eigenes Tanzstudio „Pole Emotion“ zu werben.

Der Traum vom größeren Studio

Was die Zukunft ihres Unternehmens angeht, hat Irina Felker vor allem einen Wunsch: „Ich hätte gerne einen größeren Raum. Wir kommen hier schon langsam an unsere Grenzen.“ Länglich soll die nächste Heimat von Pole Emotion sein, um eine ganze Wand mit Spiegeln zu bestücken. Auch eine hohe Decke ist wichtig, damit selbst hochgewachsene Frauen und Männer genug Spielraum an den Stangen haben. Mit ausreichendem Platz könnte sie dann auch Aerial Hoops – das ist Akrobatik in einem an der Decke befestigten Ring ungefähr in der Größe eines Hula-Hoop-Reifens – anbieten. „Das wäre meine Traumvorstellung“, sagt Irina mit einer Begeisterung, die klar macht, woher der Name ihres Unternehmens kommt: „Pole Emotion“.

Bildmaterial

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