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An der Spitze des KI-Eisbergs

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass von neuen Durchbrüchen und Innovationen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) berichtet wird. Doch diese Potenz bringt auch eine gewisse Ratlosigkeit mit sich: Was kann, muss, soll und darf ich damit machen. Die Antworten kennen die beiden Existenzgründer Dustin Klepper und Pascal Nobereit. Seit März entwickeln Sie mit ihrem frisch gegründeten Start-Up neuraflow GmbH KI-basierte Kommunikationslösungen in Bremerhaven und bringen so KI zur Anwendung für Städte und Unternehmen.

23.04.2024
Autor: BIS Wirtschaftsförderung

„Künstliche Intelligenz ist die bedeutendste und vielleicht auch die letzte Technologie, die wir als Menschen erfunden haben. Die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt und wir stecken gerade erst in den Kinderschuhen.“ Im Gespräch mit den Gründern Dustin Klepper und Pascal Nobereit in den Büros der neuraflow GmbH im timeport 3 lässt sich die Begeisterung, Faszination und Leidenschaft für die neue Technologie der KI schnell spüren. Die beiden Jungunternehmer waren zur sprichwörtlichen rechten Zeit am rechten Ort.

 

Kommilitonen auf einer Wellenlänge

Zusammengeführt hat den gebürtigen Bremerhavener Pascal und Dustin aus Südwestfalen der Studiengang „Gründung, Innovation, Führung“ an der Hochschule Bremerhaven. Die ersten Worte wechselten die Kommilitonen schon vor zweieinhalb Jahren als frische Erstsemester. „Wir waren direkt auf einer Wellenlänge“, erinnert sich Pascal. „Durch die Beiträge, die wir im Laufe des Studiengangs gemacht haben, haben wir gesehen, was der jeweils andere so draufhat.“ Die Mischung passte: Dustin hat Talent für den kaufmännischen Part, Pascal für den technischen.

 

Motiviert durch die Förderprogramme des Landes Bremen, die in Bremerhaven von der BIS Wirtschaftsförderung betreut werden, taten sich die zwei Studenten nach eineinhalb Jahren zusammen, um auch außerhalb des Studiums ein gemeinsames Unternehmen ins Leben zu rufen. Pascal hatte sich autodidaktisch die Software-Programmierung beigebracht – ihre Geschäftsidee lag daher nahe. „Wir wollten Apps entwickeln“, erzählt Dustin. Sie gründeten im November 2022 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und gaben ihrem gemeinsamen Projekt den Namen „App damit“. Investieren mussten sie vor allem Zeit, Energie und Ideen. „Wir konnten die Büros des GIF-Studiengangs im Alten Fährhaus nutzen. Unsere Kosten waren also sehr gering“, führt Dustin aus.

 

ChatGPT ändert alles

„Doch dann kam ChatGPT“, wirft Pascal ein. Das war etwa zur gleichen Zeit im November 2022. Die Jungunternehmer erkannten schnell das Potenzial, auf Basis der vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI entwickelten Technologie eigene Lösungen zu entwickeln. Sie stellten sich die Frage, die sich damals viele stellten und manche bis zum heutigen Tag: „Was können wir damit machen? Wie können wir damit Wert stiften?“, erzählt Pascal und unterstreicht: „Wir profitieren nach wie vor davon, dass wir direkt auf diesen Zug aufgesprungen sind. Das war eine gute Entscheidung.“ Dustin ergänzt: „Im Mai 2023 hatten wir unser Geschäftsmodell komplett auf künstliche Intelligenz umgestellt. Im Juli war ein erster Chatbot zur Demonstration fertig.“ Damit einher ging auch ein neuer Name für das gemeinsame Unternehmen: „neuraflow“.

 

Als erste große Zielgruppe, die stark vom Einsatz eines KI-basierten Chatbots profitieren würde, machten Dustin Klepper und Pascal Nobereit Städte und deren Rathäuser und Bürgerbüros aus. „Das sind Informationsbunker“, erläutert Dustin. Ein intelligenter neuraflow-Chatbot helfe, Informationen, die in Datenbanken oder Unter-Unterseiten der Website versteckt sind, an die Oberfläche zu bringen und zugänglich zu machen. „Das ist der Kern unseres Unternehmens: Wir machen angewandte KI“, bringt es Pascal auf den Punkt.

 

KI zur konkreten Anwendung bringen

Auf Basis der „Allgemeinbildung“ und sprachlichen Fähigkeiten von ChatGPT bringen sie ihren Chatbots die stadtspezifischen Informationen bei. Welche das sind, entscheidet der Auftraggeber. „Die Stadt teilt uns mit, welche Daten, Quellen und Schnittstellen mit in die Trainingsdaten des Chatbots aufgenommen werden sollen“, erläutert Dustin und listet als Beispiele die Website der Stadt, Serviceportale mit Dienstleistungen sowie Veranstaltungskalender auf. „Gerade sind wir auch dabei, einen Weg zu entwickeln, wie wir das Ratsinformationssystem mit einbinden können, um Protokolle, Beschlüsse und Vorlagen zugänglich zu machen“, ergänzt er. „Etwa fünf bis sechs Wochen später kommen wir dann mit einer Zeile JavaScript-Code um die Ecke, die dann ganz einfach global auf der Website eingebunden wird.“

 

Vorteile für alle Beteiligten

Es ist eine klassische Win-Win-Situation. Die Städte können damit ihre Innovationsfähigkeit demonstrieren und entlasten ihre Verwaltungen von Routinefragen. Die Bürgerinnen und Bürger wiederum erhalten schnell, einfach, in natürlicher Sprache und rund um die Uhr Antworten auf ihre Fragen. „Der Chatbot ist nutzerorientiert“, betont Pascal. „Der Nutzer muss sich nicht mehr an die Informationen und an deren Beschaffenheit anpassen, sondern andersherum.“ Die Antworten kommen wie die Frage in natürlicher Sprache – und bei Bedarf auch in mehreren Sprachen. „Unser Chatbot ist auch multilingual. In den ja mittlerweile schon recht multikulturellen Städten, ist das ein großer Vorteil“, unterstreicht Dustin. In einigen Rathäusern werde der Chatbot auch in persönlichen Gesprächen genutzt, um zum Beispiel mit Geflüchteten aus der Ukraine zu kommunizieren, wenn kein Dolmetscher verfügbar ist.

 

Exponentielles Wachstum

Im Mai 2023, sechs Monate nach dem Start, hatten Pascal Nobereit und Dustin Klepper ihr Geschäftsmodell bereits komplett von Apps auf künstliche Intelligenz umgestellt. Der erste intelligente Demo-Chatbot lief im Juli. „Im September ist dann mit dem Launch der neuen Website der Stadt Nettetal auch unser erster Chatbot live gegangen“, berichtet Dustin.

Ihre ersten städtischen Kunden empfingen die beiden Gründer noch bei Bionade und inmitten studentischer Poster im Fährhaus, bis sie sich im Februar 2024 im Business Park timeport 3 der BIS Wirtschaftsförderung einmieteten. „Seit dem Start des ersten städtischen Chatbots erleben wir ein geradezu exponentielles Wachstum“, freut sich Pascal. Mit dem Umzug schafften die Digitalunternehmer auch neue Computer-Hardware an und stellten auch erste Werkstudenten ein. Just im März 2024 firmierten sie neuraflow zu einer GmbH um. Im engen Austausch mit den Expertinnen und Experten der BIS Wirtschaftsförderung haben sie zudem gerade das Pitchdeck für den Antrag auf die Startup Förderung Bremen - Bre-Up für innovative und hochtechnologische Startups fertiggestellt, jenes Förderprogramm, das sie einst zur Gründung motiviert hatte.

 

Systemlösung für Städte, Individuallösung für Unternehmen

„Bis zum Jahresende werden wir auf 20 Mitarbeitende wachsen“, prognostiziert Dustin Klepper. „Das gibt die Auftragslage her. Wir haben ziemlich viele Aufträge in der Pipeline, die einfach abgearbeitet werden müssen.“ Zum Kundenstamm gehören Städte in ganz Deutschland. Die meisten Kunden stammen vom Niederrhein bis runter nach Baden-Württemberg. Aber auch mit der Heimatstadt ihres Unternehmens, Bremerhaven, arbeiten die neuraflow-Gründer zusammen.

In den kommenden Monaten wollen sie zum einen ihre Systemlösung für Städte weiterentwickeln. „Die künstliche Intelligenz unserer Chatbots könnte ja zum Beispiel auch in Form eines humanoiden Roboters durchs Rathaus laufen“, nennt Dustin einen der vielen Pläne, an denen sie tüfteln. Aber sie wollen weiterhin auch mit Unternehmen zusammenarbeiten und für diese individuelle KI-Anwendungen identifizieren und umsetzen. So arbeitet neuraflow aktuell mit der Nordsee-Zeitung zusammen, um das umfangreiche Zeitungsarchiv, das bis ins Jahr 1859 zurückreicht, per intelligentem Redaktionsassistenten, auch Archivar genannt, zugänglich zu machen.

 

„Es ist kein Ende in Sicht“

„Wir sind sehr agil und flexibel in unserer Herangehensweise, um auch neue Lösungen zu erarbeiten und weitere Evolutionsstufen zu erklimmen“, betont Dustin. Pascal pflichtet bei: „Wir scheitern jeden Tag viel und lernen schnell. Und wir können das auch, wir dürfen das auch, weil wir klein sind. Aber keiner der beiden wagt eine Prognose, wie ihre Firma oder die Welt der künstlichen Intelligenz in drei Jahren aussehen könnte. Schließlich seien große Sprachmodelle, die Technologie hinter ChatGPT, noch nicht einmal seit drei Jahren in der heutigen Form anwendbar. „Ich würde sagen, das ist das erste Mal, dass die Grenzen einer Technologie nicht durch deren Möglichkeiten begrenzt sind, sondern nur durch die verfügbaren Ressourcen oder die Vorstellungskraft“, meint Pascal. „Es ist kein Ende in Sicht.“

Bildmaterial

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