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7. Bremerhavener Wirtschaftsdialog zeigt Zukunftspotenzial für die digitale Transformation auf

Bereits zum siebten Mal fand am 16. und 17. August 2024 der Bremerhavener Wirtschaftsdialog statt. In den Impulsvorträgen und während des Netzwerkens stand der Themenkomplex "Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Automatisierung als Treiber der Veränderung“ im Mittelpunkt.

20.08.2024
Autor: BIS Wirtschaftsförderung Bremerhaven

Bremerhaven. Rund 200 Entscheider:innen verschiedenster Unternehmen, der Politik und der Wissenschaft aus Bremen, Bremerhaven der Region und auch überregional nahmen an der Netzwerkveranstaltung teil, die im Rahmen der Maritimen Tage von der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung BIS in Kooperation mit der Stadt Bremerhaven und der Handelskammer Bremen - IHK für Bremen und Bremerhaven organisiert wurde. Die beiden Tage standen unter dem Motto “Innovate to Elevate - Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Automatisierung als Treiber der Veränderung”. Während viele diese neuen Technologien skeptisch beobachten und bedrohliche Auswirkungen auf die Arbeitswelt und das soziale Umfeld befürchten, begrüßen andere die neuen Möglichkeiten mit Neugier und Interesse. In den intensiven Gesprächen wurde deutlich, wie innovativ und digital die Wirtschaft bereits ist und wo die Zukunftspotenziale liegen. 

Entscheidende Rolle in der digitalen Transformation

Die ersten Akzente zu dem Veranstaltungsmotto setzten zum Abendempfang am Freitag die Gastgeber: Melf Grantz, Oberbürgermeister der Stadt Bremerhaven, Nils Schnorrenberger, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung BIS und Eduard Dubbers-Albrecht, Präses der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven. 

„Wir wollen eine entscheidende Rolle in der digitalen Transformation spielen. Gerade in der Stadtplanung, beispielsweise bei der Entstehung des neuen CO²-neutralen Werftquartiers, einem Mobilitäts-Hub oder geplanten wasserstoffbetriebenen Bussen zeigen wir, dass wir in Bremerhaven vorn mitspielen”, so Oberbürgermeister Melf Grantz und wies darauf hin, dass auch im Bürgerservice das Angebot immer digitaler werde. “In Zusammenarbeit mit anderen Städten im Umland sind wir gut vernetzt und treiben die Digitalisierung stetig voran.” Weiterhin merkte er an, dass er sich von der Bundesregierung mehr finanzielle Unterstützung für Städte und Kommunen wünsche, denn ohne Rückhalt wären viele Investitionen in die Zukunft nicht machbar.

Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht betonte: “Die Bereitschaft der Wirtschaft in Bremerhaven, in Automatisierung und Digitalisierung zu investieren, ist außerordentlich groß. Wir sind ständig gefragt, in diesem Bereich besonders aktiv zu sein. Mit unseren umfassenden Beratungsangeboten unterstützen wir Unternehmen dabei, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Umgang mit neuen Technologien zu qualifizieren.”

Nils Schnorrenberger, Geschäftsführer der BIS, stimmte dem zu: “Wir brauchen in unserer Wirtschaft intelligente Automatisierungskonzepte, um wettbewerbsfähig zu bleiben." Für Start-ups bieten wir ein attraktives Umfeld mit Beratung und Förderung. Die Herausforderungen bleiben, doch die Chancen überwiegen.”

Welche Herausforderungen speziell der Einsatz künstlicher Intelligenz an die Menschheit generell stellt, demonstrierte Moderator Frank Astor in seiner eigenen Infotainment-Show am Freitagabend, denn “der Geist sei längst aus der Flasche”. Er gehörte selbst der letzten analogen Generation an, die ohne Internet und Smartphone aufwuchs und appellierte, mit den neuen Möglichkeiten vorausschauend und weise umzugehen.

Spannende Einblicke: Automatisierung in Aktion erleben

Neben inspirierenden Impulsvorträgen von sieben Expert:innen aus Wirtschaft und Wissenschaft, die ihr Know-how und ihre Erfolgsgeschichten mit den Teilnehmer:innen teilten, bot der 7. Bremerhavener Wirtschaftsdialog drei exklusive Exkursionen an. Die erste startete in den frühen Morgenstunden am Samstag zu Amazon Logistics, wo die Teilnehmer:innen einen exklusiven Blick hinter die Kulissen erhielten. Mit einer rund 90 Personen starken Belegschaft werden dort in drei Schichten die Pakete und Päckchen für die Verteilung in die Haushalte im Raum Bremen-Nord, Bremerhaven, Cuxhaven sowie den Raum Bremervörde/Stade sortiert. Digitale Automatisierungsprozesse unterstützen Sortierung und Lieferung, vom Fingerscanner der Sortier- Mitarbeiter:innen bis hin zur digitalen Nachverfolgung jedes einzelnen Packstücks von der Bestellung bis zur Zustellung.

Bei Eurogate bestaunten die Teilnehmer:innen das rege Treiben am Containerterminal an einer der längsten, zusammenhängenden Kaje Europas aus nächster Nähe. Hier werden im Minutentakt hunderte Container bewegt, mit Containerbrücken und bis zu 110 m hohen Kränen werden auf einer Arbeitshöhe von 50 Metern die größten Containerschiffe der Welt be- und entladen. Jeder Container hat eine exakt zugewiesene Position, die Ladeplanung des Schiffs erfolgt dabei digital sowohl am Terminal als auch bei der Reederei.

Das Unternehmen symex im Fischereihafen, führender Hersteller von komplexen Misch- und Homogenisieranlagen, öffnete gleichfalls seine Tore und gewährte einen beeindruckenden Einblick. Für weltweit namhafte und hochanspruchsvolle Kunden der Kosmetik-, Pharma- und Chemieindustrie fertigt die symex GmbH & Co. KG maßgeschneiderte Mischsysteme. Die Geschäftsführer Ulf Sieckmann und Sven Haushahn gaben spannende Einblicke in die digitalen Unternehmensprozesse und die intelligente Automatisierungstechnik ihrer Produkte. 

Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz - Hand in Hand

Im timeport 2 nahm der 7. Bremerhavener Wirtschaftsdialog weiter Fahrt auf. Dr. Vanessa Just, Gründerin und CEO der juS.TECH AG legte mit ihrem Impulsvortrag die Messlatte gleich zu Beginn sehr hoch. Als aktives Vorstandsmitglied des KI-Bundesverbands nimmt sie die Regulatorik als Chance wahr. „Nachhaltigkeit ist,” so Dr. Just, “weit mehr als Kommunikation und Reporting, sondern eine Denkweise und Überzeugung. Ein Nachhaltigkeitsbericht ist heute vielleicht noch ein `Kann`, doch morgen schon ein ´Muss`.” Sie hinterfragte zum Einen die Nachhaltigkeit so mancher KI-Anwendung, wie ChatGPT, und gab Denkanstöße, denn aus ihrer Sicht müsse man sich eine zentrale Frage stellen: “Wollen Sie Innovation treiben oder von Technologien getrieben werden? KI unterstützt nachhaltige Unternehmensentwicklung und ist nie Selbstzweck.”

Anschaulich untermauerte Dr. Just ihre Thesen anhand der Digitalisierungsprojekte der Wasserwirtschaft. Nicht nur die Umwelt profitiere davon, es gebe auch positive Effekte auf die Berufswelt: ”Durch die Möglichkeit der automatisierten Betriebsstörungserkennung in einer Kläranlage muss heute kein Taucher mehr ins Klärbecken.”

Nach einer regen Diskussion folgte für die Teilnehmer:innen ein visionärer Vortrag von Jens Dorn. Als Business Innovation Lead bei der OTTO Group riss er das Publikum mit seiner inspirierenden Präsentation, die mithilfe bildgebender KI unterstützt worden war, in seinen Bann. Nach seiner Erfahrung darf neben allen technologischen Neuerungen der Mensch nicht außer Acht gelassen werden. “Veränderungen zu akzeptieren, ist schwer. Was wir brauchen, ist eine neue Mensch-Maschine-Balance. Es geht nicht darum, nur das Vorhandene besser machen zu wollen,” erläuterte Jens Dorn. “Bei der Einführung von neuen Prozessen werden die Menschen schlichtweg traumatisiert, denn die Expert:innen, die ihr langjähriges Know-how überdenken müssen, fühlen sich von der Technologie überrannt." Er empfahl Unternehmen, die KI erfolgreich einsetzen möchten, drei Punkte: “Verstehen. Wagen. Beweisen.” Denn wie einst die Schimpansen-Forscherin Jane Goodall das Zitat prägte, erkenne man Pioniere vor allem an den Pfeilen im Rücken.

Buten un binnen - wagen und winnen

Mit dem Themenschwerpunkt Künstliche Intelligenz ging es nahtlos weiter im Programm: Als Mittler zwischen Wirtschaft und Wissenschaft berichtete Dr. Christian Gorldt von seiner Tätigkeit im Transferzentrum für Künstliche Intelligenz BREMEN.AI. Welche Herausforderungen haben Unternehmen bei der Einführung neuer Technologien? “Wir vernetzen hiesige Unternehmen mit Kooperationspartner:innen, Fachkräften und der Wissenschaftslandschaft, fördern die digitale Infrastruktur in Bremen und Bremerhaven und unterstützen nicht zuletzt mit Fördermitteln”, betonte Dr. Gorldt. “Um unsere Zukunft zu sichern, sollten wir junge Menschen vor Ort ausbilden, um auch hier später die Wertschöpfung zu haben. Buten un binnen, wagen und (ge)winnen.” Auf der KI-Landkarte des Landes Bremen zeigte er, dass viele Unternehmen und Institute in diesem Bereich erfolgreich aktiv seien, nur der Wissenstransfer laufe noch nicht in beide Richtungen. Unternehmen sollten ihre Best Practices wieder an die Wissenschaft zurückspielen, damit sich beide Welten weiterentwickeln. 

Industriemathematik als Innovationstreiber in der Industrie

Vor der Mittagspause des Wirtschaftsdialogs nahm Prof. Dr. Christof Büskens der Universität Bremen das Publikum mit auf eine Reise in die industrielle Mathematik. Leider befände sich Deutschland generationsübergreifend im “Mathematik-Trauma”: Lehrende seien resigniert, Schüler:innen frustriert. Eine gravierende Entwicklung, laut Büskens, denn gemäß einer Studie des IFO-Instituts errechnet sich im Jahr 2100 ein wirtschaftlicher Schaden von 500 Mio. Euro pro Tag, wenn sich die Ergebnisse von Schüler:innen der PISA Studie in Mathematik um 2% verschlechtern. Büskens engagiert sich bei #MOIN, der MOdellregion INdustriemathematik in Bremen. “MOIN möchte zeigen, dass (Industrie-)Mathematik für alle zugänglich und voller Chancen ist, von der Schule bis zur Hochtechnologie, von der Wirtschaft bis in die Politik. "Künstliche Intelligenz ist nicht möglich ohne Mathematik”, so der passionierte Mathematiker weiter. “Auf Basis zertifizierbarer industriemathematischer Algorithmen ermöglichen wir regionalen Unternehmen innovative Produkte, Verfahren und Dienstleistungen zu entwickeln - sei es beispielsweise ein autonom fahrendes Auto, Energiemanagement oder ein neues Medikament im Gesundheitswesen.” 

Best-Practice-Beispiele von Digital Natives

Wie es gelingt, sich mit innovativen Ideen und einem Start up-Unternehmen erfolgreich am Markt zu positionieren, berichteten drei junge Gründer aus Bremerhaven. Tim David Müller-Zitzke, Filmproduzent & Medienunternehmer, diskutierte mit Dustin Klepper, Mitgründer der neuraflow GmbH, und Lars Grochla, Gründer der Kreativagentur Aheads, in einer lockeren Talkrunde.

“KI ermöglicht viel mehr Kreativität,” ist Lars Grochla überzeugt, der verschiedene Softwaretools einsetzt, die seinem Team und ihm die tägliche Arbeit erleichtern. “80% kann die KI schon heute, 10% sind intelligente, zielführende Eingaben des Bedieners und 10% müssen darauf verwendet werden, die Ergebnisse zu prüfen und Quellen zu validieren.” Dustin Klepper entwickelte bei neuraflow Chatbots für die öffentliche Verwaltung: “Unsere Lösungen werden inzwischen erfolgreich im Bürgerservice von Kommunen eingesetzt,” erzählte er. “Die Akzeptanz der Bürger:innen wächst, denn der Praxisnutzen ist schnell sichtbar. Sie können direkt eine Anfrage in einer Fremdsprache stellen oder nutzen die Möglichkeit, sich den Bauantrag in Leichte Sprache übersetzen lassen.”

Doch was empfiehlt man jungen Menschen, die eine innovative Idee in ein Geschäftsmodell umsetzen möchten? “Neue Produktideen, die bestehen wollen, müssen einzigartig sein, nicht generisch”, sagt Tim David Müller-Zitzke, der als Mitgründer des FeWo Start-ups Bheaven Premium Homes ein erfolgreiches Business aufgebaut hat. “Vielleicht wird das deutsche Qualitätssiegel “Made in Germany” irgendwann abgelöst durch “Made by real Humans”?”

Viel Potenzial für neue digitale Wege

Zum weiteren Netzwerken, dem Knüpfen neuer Kontakte sowie dem reflektieren von den Inhalten der letzten beiden Tagen erhielten die Teilnehmenden während des zweitägigen Businesswochenendes, eingerahmt im Trubel der „Maritimen Tage“ und beim stimmungsvollen, abendlichen Segeltörn auf der „Artemis“, reichlich Gelegenheit.

Zum Abschluss zeigte sich BIS Geschäftsführer Nils Schnorrenberger sehr zufrieden mit der zweitägigen Veranstaltung. „Die Gespräche und Vorträge haben gezeigt, dass die Wirtschaft Bremerhavens bereit ist, neue Wege zu gehen und die vielen Möglichkeiten neuer Technologien erkannt hat. Jede:r der Referent:innen hat einen anderen Aspekt der Themen intensiv beleuchtet und uns leidenschaftlich mit in ihre Projekte und Unternehmenskonzepte mitgenommen. Ich persönlich bin schwer beeindruckt: Bremerhaven hat nicht nur sehr schlaue, sympathische und engagierte Menschen. Bremerhaven hat eine Menge Know-how, Engagement und Motivation, die anstehenden Herausforderungen der digitalen Transformation zu bewältigen.”

Der Bremerhavener Wirtschaftsdialog setzt im nächsten Jahr aus, denn in 2025 findet nach langer Pause wieder eine SAIL in Bremerhaven statt. Das Format wird im Jahr 2026 die nächste Fortsetzung im Rahmen der maritimen Tage erleben.

Weitere Informationen unter: www.wirtschaftsdialog-bremerhaven.de

Bildmaterial

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