24.08.2022
Autor: BIS Wirtschaftsförderung
Mehr als 150 Teilnehmende namhafter Unternehmen aus Bremerhaven, der Region und Deutschlandweit nahmen an der exklusiven Netzwerkveranstaltung teil, die im Rahmen der Maritimen Tage von der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung BIS organisiert wurde. Mit dem Thema New Work griff das Forum ein Thema auf, das gerade durch die Coronavirus-Pandemie noch einmal eine enorme Dynamik in den Unternehmen entfaltet hat. Dass es dabei allerdings nicht nur um die Ausgestaltung mobilen Arbeitens geht, das wurde bereits am Freitagabend beim Empfang des Oberbürgermeisters der Stadt Bremerhaven, der BIS und der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven überdeutlich.
Kein Blick in die Glaskugel
Keynote Speaker des Abends war der Geschäftsführer des Trendforschungsinstituts TRENDONE, Nils Müller, mit seinem Impuls „Ein Tag im Jahr 2032“. 80 freiberufliche Trendscouts aus 20 Sprachräumen geben dem Institut monatlich 1.500 Trendimpulse aus aller Welt. Müller, zu dessen Kunden nahezu alle DAX-Unternehmen zählen, generiert mit seinen 50 Mitarbeitenden daraus Foresights für die unterschiedlichsten Szenarien.
„Niemand kann in die Glaskugel sehen“, lässt der Trendexperte wissen, „aber wir können die Zukunft antizipieren.“ Im Rahmen des Wirtschaftsdialogs präsentierte Nils Müller acht große Zukunftstrends: Von artifizieller Intelligenz über Robotik, Nachhaltigkeit und Konnektivität bis hin zu „Metaverse“ und ließ seine Zuhörer: innen entscheiden, welche Trends sie für ihr Arbeitsumfeld als besonders wichtig einstufen. Er ließ sie teilhaben an Zukunftsvisionen, die autonomes Fahren ebenso selbstverständlich werden ließen wie den Fischfang optimierende Unterwasserdrohnen, dreidimensionale Meetings mit Echtzeit-Übersetzung und einer Arbeitswelt, in der annähernd 100 Milliarden „Devices“ rund um den Globus mit dem Internet verbunden sind. Müllers Aufforderung an die Bremerhavener Wirtschaftsexperten: „Never waste a crisis! Die Zukunft ist schon da, lassen Sie es nicht geschehen, sondern gestalten Sie sie aktiv mit. Lernen wir, uns mit KI anzufreunden und die Trends für uns zu nutzen.“ Annähernd 20 Prozent Wachstum prophezeit Müller den Unternehmen, die jetzt auf Innovationsprozesse setzen.
Zukunft gestalten, das will auch Oberbürgermeister Melf Grantz für seine Stadt Bremerhaven. Im Gespräch mit Moderator Andreas Gebhardt machte er deutlich: „Wir sind in Bewegung.“ Für Bremerhaven entwarf er die Vision einer modernen Großstadt mit Grünzonen, einer neuen Verkehrsaufteilung sowie attraktiven Lebens- und Arbeitsräumen. BIS Geschäftsführer Nils Schnorrenberger freute sich nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause besonders über die Möglichkeit des direkten Austausches und intensiven Netzwerkens. Für die Unternehmen sieht er vor allem die Fachkräftesicherung als große Herausforderung, bei der dem Standort Bremerhaven die Aufgabe zukommt, sich attraktiv und lebenswert weiterzuentwickeln. Janina Marahrens-Hashagen, Vizepräses der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven, bestärkte die Zuhörenden in ihrer Begrüßung am Freitagabend darin, sich der enormen Herausforderung New Work zu stellen; die Handelskammer Bremen stehe dabei den Unternehmen beratend zur Seite.
Bestärkung lohnt sich
Der zweite Tag des Business Forums begann für die Teilnehmer:innen mit hochwertigem Input und Best-Practice-Beispielen. Den Auftakt zu der komprimierten Vortragsreihe im Technologiezentrum timeport 2 machte Prof. Dr. Carsten C. Schermuly von der SRH Berlin University of Applied Sciences. Als einer der führenden HR-Experten Deutschlands stellte Schermuly sein „New Work Barometer 2022“ vor, ordnete den Begriff zunächst für die Teilnehmenden ein und nannte die rasante Verdopplung von Wissen, den Klimawandel, den demographischen Wandel sowie die Digitalisierung als große Herausforderungen für unsere Arbeitswelt. New Work, so Schermuly, sei mehr als Homeoffice. Vielmehr gehe es um Führung, die von psychischem Empowerment geprägt sein und die die Mitarbeitenden in ihrer Kompetenz bestärkt, das Erleben von Sinn und Bedeutsamkeit ermöglicht und Selbstbestimmung fördert. „Empowerment lohnt sich!“, so der Wissenschaftler. Während die Arbeitszufriedenheit und die Innovationsbereitschaft zunähmen, seien Stress und Fluktuation messbar rückläufig.
Kulturwandel jetzt
„Abwarten und Tee trinken“ kann keine Antwort auf die Herausforderungen in post-pandemischen Zeiten sein, resümierte Karsten Rösener von der Traditionsfirma Ostfriesische Teegesellschaft seine Erfahrungen der letzten zwei Jahre. Eindrücklich beschrieb er die technische und personelle Transformation, die das Unternehmen vollziehen musste. „Es wird nie mehr so werden wie vor Corona“, so Rösener, „nicht nur, dass das mobile Arbeiten nicht mehr wegzudenken ist, wir müssen vielmehr patriarchalische Strukturen überwinden und die junge Generation abholen. Es lohnt sich, den Einzelnen individuell zu fördern. Lernen wir von ihren veränderten Anforderungen an uns als Arbeitgeber und öffnen wir uns jetzt für einen Kulturwandel, denn nur so können wir auch in Zukunft unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gewinnen und auf Dauer halten.“
Das neue Normal
Auch der Bremerhavener Tiefkühlkostspezialist FRoSTA hat seit der Corona-Pandemie einen Change vollzogen. „Wir haben uns an ein neues Normal angepasst“, berichtete Ben M. Windhorst, der für IT und Change Management im Konzern zuständig ist. „Unser Ziel ist es, dass jeder und jede unserer 1.800 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen künftig digital an Prozessen im Unternehmen teilnehmen kann. Das gilt auch für die Menschen, die in der Produktion arbeiten!“, skizzierte Windhorst eines der großen Zukunftsprojekte bei FRoSTA. Ängste müsse man dafür ebenso abbauen wie Regularien. Schichtpläne und Urlaubsplanungen sollen digitalisiert werden, hybrides Arbeiten von überall möglich sein. Aber auch das Arbeiten in Präsenz habe sich nach Corona verändert, so Windhorst. Nur digital sei auch keine Lösung. Bei FRoSTA gebe es nun neue Räume für kreative Prozesse und fokussiertes Teamwork. Den Teilnehmenden am Samstag riet Windhorst: „Die Mitarbeiter zu bestärken, ist wichtiger als jedes digitale Tool. Die Geschwindigkeit der Veränderung nimmt rasant zu, setzen wir uns jetzt mit ihr auseinander!“
Menschen anfixen
Wie New Work ganz praktisch funktionieren kann, das präsentierte Christian Diestelkamp vom SAP-Beratungsunternehmen abat sehr eindrucksvoll.
„Wir haben im Unternehmen eine Regel-Allergie“, stieg er in seinen ebenso kurzweiligen wie beeindruckenden Vortrag ein und beschrieb, wie es dem mittlerweile auf 800 Mitarbeiter:innen gewachsenen Dienstleister gelungen ist, sich bis heute eine „Start-up-Kultur“ zu erhalten. Längst gebe es bei abat ein sogenanntes NewWork-Labor, eine geschützte Umgebung, in der experimentiert werden darf. Diestelkamp gab wertvolle Hinweise, wie ein neuer Umgang mit Mitarbeitenden gelingen kann: „Geben wir echte Eigenverantwortung. Lassen wir alles, was Menschen demotiviert. Fördern und fordern wir. Stellen wir die Menschen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Schaffen wir Regeln ab und geben wir Freiräume. Schenken wir Vertrauen und bieten wir geschützte Räume, um Neues auszuprobieren. Kurzum: Fixen wir Menschen mit unserem Mindset an!“
Alte Strukturen aufbrechen
Agilität und dynamischen Wandel, nicht nur bei der Mobilitätswende, das beschrieb auch die Innovationsmanagerin Britta Oehlrich von der Hamburger Hochbahn. Das zweitgrößte deutsche Verkehrsunternehmen steht nicht nur durch veränderte Mobilitätsanforderungen und den Klimaschutz vor enormen Herausforderungen. Mehr als 6.300 Mitarbeiter:innen gibt es bereits heute. Eine Zahl, die mit den zusätzlichen Mobilitätsangeboten künftig noch wachsen soll. Damit das gelingt, müssen schon heute innovative Prozesse angestoßen werden. Alte Ressortgedanken würden aufgebrochen, interdisziplinäre Teams implementiert. Ein neuer Blick auf die Menschen sei wichtig, in der Perspektive auf die Kunden, aber auch auf die Kolleginnen und Kollegen.
Die Veränderung der Arbeitswelt betrifft uns alle
„Der Erfolg liegt in Ihren Händen und darin, was Sie daraus machen!“ Moderator, Speaker und Jongleur Andreas Gebhardt gab den Gästen im timeport am Samstagnachmittag noch einmal die wesentlichen Essentials der Veranstaltung mit auf den Weg, bevor er den Wirtschaftsdialog mit einer Jonglage krönte.
„Der beste Moment für Veränderung ist heute!“, so Gebhardt, der im Laufe seiner Karriere selbst immer wieder neue Wege einschlagen musste. „Wenn wir komplexe Aufgaben bewältigen müssen, so gehen wir einen Schritt nach dem anderen. Fehler passieren und gehören zum Fortschritt. Machen wir uns vertraut mit Neuem, denn das, was wir schon kennen, macht uns keine Angst mehr.“
Lust auf Zukunft
Sich vertraut machen - auch dazu diente der 5. Bremerhavener Wirtschaftsdialog. Mehr als 30 Sponsoren haben die Gelegenheit genutzt, an dem maritimen Businesswochenende gemeinsam mit ihren Geschäftspartner:innen zu Netzwerken und vielleicht doch einen „Blick in die Glaskugel“ zu wagen. Das von der BIS umgesetzte und mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) geförderte Konzept ließ ganz bewusst Raum für informellen Austausch in der besonderen Atmosphäre der Maritimen Tage in der Seestadt.
Am Samstagabend nutzen die Teilnehmer*innen deshalb die Gelegenheit, das Get-together beim stimmungsvollen abendlichen Segeltörn entspannt ausklingen zu lassen.
Zum Abschluss zeigte sich BIS Geschäftsführer Nils Schnorrenberger sehr zufrieden mit der zweitägigen Veranstaltung. „Das Format Wirtschaftsdialog hat sich in jedem Fall bewährt. Wir haben zwei Tage randvoll mit wertvollem Content hinter uns und ich bin sicher, dass wir vieles anstoßen konnten. Für die Unternehmen war die Pandemie wie ein Weckruf für Veränderungen im Umgang mit den Erwartungen ihrer Fachkräfte. Dahinter wird es kein Zurück geben. Nun müssen wir alle gemeinsam handeln. Für uns als Wirtschaftsförderung heißt das: Machen wir das ganze Paket für Unternehmen und Fachkräfte attraktiv, den Standort und den Lebensraum – wir machen Lust auf die Zukunft hier in Bremerhaven.“